Ratgeber Wie Pendler ihre Zeit sinnvoll nutzen

Experten empfehlen, während der Autofahrt Hörbücher oder Podcasts zu hören, um zu entspannen. Gesünder ist die Anfahrt mit Bus und Bahn.

Der Verkehr ist zähfließend, weiter vorne leuchten schon die ersten Bremslichter auf. Sascha Bruns dreht genervt das Radio lauter und wechselt die Spur. Der Informatiker wohnt mit seiner Familie in Dortmund und arbeitet am Stadtrand von Düsseldorf. So macht er sich jeden Morgen wie viele andere Pendler auf den Weg quer durch das Ruhrgebiet in die Landeshauptstadt und braucht je nach Verkehrslage bis zu eineinhalb Stunden pro Strecke.

Alternativen gibt es für Sascha Bruns kaum. Die Firma liegt abseits und ist mit Bus und Bahn schlecht zu erreichen, die Kinder gehen in Dortmund zur Schule, ein Umzug kommt für die Familie nicht in Frage. Und so verbringt der Software-Experte täglich viel Zeit am Steuer und verkürzt sich die Zeit mit Hörbüchern und Sprachkursen.

Erwerbstätige nehmen für den Weg zur Arbeit immer längere Anfahrtszeiten in Kauf. Jeder vierte Berufstätige in Deutschland benötigt laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 30 Minuten oder mehr für die einfache Wegstrecke, jeder zwanzigste pendelt sogar mehr als eine Stunde.

Bei der Wahl des Verkehrsmittels setzen die meisten auf das Auto. Laut aktueller Statistik nutzen 14 Prozent Bus und Bahn, 66 Prozent fahren Auto, neun Prozent gehen zu Fuß, ebenso viele radeln zur Arbeit. In vielen Fällen haben Berufstätige keine Wahl. Kann die Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreicht werden, ist ein Auto notwendig.

Wer die Möglichkeit hat, sollte jedoch bevorzugt die Bahn nutzen. Denn Pendler entspannen besser, wenn sie nicht am Steuer sitzen. Insbesondere lange Fahrzeiten können erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben, beispielsweise in Form von erhöhten Stresserfahrungen. Autofahrer quälen sich durch das zähe Stop-and-Go des Berufsverkehrs, Bahnfahrer zittern, ob sie den Anschlusszug noch erreichen und es pünktlich ins Büro schaffen. Lange Pendelzeiten bedeuten zudem häufig Zeitkonflikte und eine erschwerte Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Stress entsteht durch Zeitdruck. Zwar möchten Pendler so wenig Zeit wie möglich für den Arbeitsweg einplanen, wer jedoch knapp losfährt oder zu spät zum Zug kommt, baut unnötigen Druck auf. "Wichtig ist es immer, einen Zeitpuffer einzubauen, vor allem bei langen Anfahrtswegen", erklärt Jürgen Brenner-Hartmann, Fachleiter Verkehrspsychologie und Verkehrsmedizin bei TÜV Süd. Das schont die Nerven bei möglichen Staus, bei Verzögerungen durch schlechtes Wetter oder bei der Parkplatzsuche.

Viele Arbeitnehmer können ihre Arbeitszeit in einem vorgegebenen Rahmen flexibel gestalten. Sie sollten ausprobieren, ob die Fahrten zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt entspannter ablaufen. Wer regelmäßig pendelt, kann die Zeit auch sinnvoll nutzen, erklärt Jürgen Brenner-Hartmann. Sowohl im Auto als auch in der Bahn bieten sich beispielsweise Hörbücher, Podcasts oder ein Sprachkurs an. Die gefühlte Fahrzeit wird verkürzt, der Beschäftigte kommt entspannter im Büro oder zu Hause an.

Dabei darf der Fahrer nicht abgelenkt werden. Wenn man während der Fahrt Kaffee trinkt, dazu ein Sandwich isst und auch noch telefoniert, ist die Aufmerksamkeit weg von der Straße, warnt Jürgen Brenner-Hartmann. Man glaubt ja, man kenne die Strecke wie im Schlaf. Das kann aber gefährlich werden, nämlich immer dann, wenn etwas Unerwartetes passiert. Man übersieht zum Beispiel Geschwindigkeitsbegrenzungen wegen neuer Baustellen und das kann im schlimmsten Fall zu Unfällen führen.

Mehr Beschäftigungsmöglichkeiten haben Bus- und Bahnfahrer. Pendler können in öffentlichen Verkehrsmitteln lesen, mit dem Laptop arbeiten, die Lieblingsserie oder einen Film schauen, gibt Brenner-Hartmann Tipps. So entsteht nicht das Gefühl, die Zeit zu vergeuden. Ein weiterer Vorteil: Wer nicht mit dem Privatwagen zur Arbeit pendelt, baut ganz bequem gesunde Bewegung in den Alltag ein. Während Autofahrer lediglich von der Haustür zum Wagen und vom Firmenparkplatz ins Büro gehen, legen Bahnfahrer längere Wegstrecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück. Das wirkt sich laut einer britischen Studie auch auf das Gewicht aus.

Das Ergebnis: Wer sein Auto stehen lässt und zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit gelangt, reduziert seinen Body- Mass-Index und den Körperfettanteil. Autofahrer sollten nicht direkt zur Firma fahren, sondern den Tag mit einem Spaziergang von einem ein bis zwei Kilometer entfernten Parkplatz zum Büro beginnen.

(RP)
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