Kompromisse nötig Rauchen - Dicke Luft im Betrieb

Dortmund/München (rpo). Für viele Arbeitnehmer gehört das Rauchen am Arbeitsplatz einfach zur Arbeit dazu. Doch in vielen Unternehmen ist der blaue Dunst mittlerweile unerwünscht. Kompromisse sind daher vonnöten - zumal Arbeitnehmer seit 2002 Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz haben.

Die Zeiten, in denen Arbeiten und Rauchen noch zusammen gehörten wie Butter und Brot, sind Vergangenheit. Nichtraucher und Raucher müssen sich immer häufiger arrangieren und Lösungen finden, die für beide Seiten akzeptabel sind, damit weniger blauer Dunst nicht zu mehr dicker Luft führt.

Seit der Überarbeitung der Arbeitsstättenverordnung Ende 2002 haben Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, vor gesundheitsgefährdenden Folgen des Rauchens geschützt zu werden. "Die Arbeitgeber müssen das berücksichtigen", sagt Nathalie Henke von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund. In einem Großraumbüro etwa können Nichtraucher nun verlangen, dass sich dort niemand mehr eine Zigarette ansteckt. "Der Arbeitgeber muss dann getrennte Bereiche schaffen oder Raucherzimmer einrichten", sagt die Expertin.

"Deutschland hat sich mit dem Nichtraucherschutz lange sehr schwer getan", erinnert sich Nathalie Henke. "Für viele ist das geradezu ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte." Das Klima für mehr Gesundheitsvorsorge habe sich allerdings deutlich verbessert. "Vor zehn Jahren wäre diese Diskussion noch viel schwieriger gewesen." Studien zeigten inzwischen, dass selbst viele Raucher langfristig die guten Seiten der eingeschränkter Möglichkeiten zum "Qualmen" sehen.

Andere gefährdet

"Durch die neue Arbeitsstättenverordnung hat das Thema eindeutig neuen Schub bekommen", bestätigt Renate Klein, Referentin für betriebliche Gesundheitsförderung beim AOK Bundesverband in Bonn. Viele Unternehmen hätten inzwischen Betriebsvereinbarungen getroffen, in denen geregelt wird, wo wann geraucht werden darf. "Rauchfrei bleiben zum Beispiel oft die Kantine und die Sitzungsetagen." In Einzelbüros, in denen geraucht wird, muss die Tür zum Flur geschlossen werden. So handhabt es auch die AOK-Zentrale in Bonn selbst. "Das umzusetzen war viel unkomplizierter als erwartet."

Das Gesundheitsrisiko durch Zigarettenrauch wird mittlerweile nicht mehr geleugnet. Gefahren gibt es aber nicht nur für den Raucher selbst: "Passivraucher trifft es fast in gleichem Maße", sagt Renate Klein. Auch im ausgeatmeten Qualm sind Krebs erregende Substanzen.

Das hat sich herumgesprochen: "Die Haltung zum Rauchen hat sich spürbar geändert", sagt Christa Merfert-Diete, Sprecherin der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm. "Auf Nichtraucher wird heute einfach mehr Rücksicht genommen. Die Regel "Raucher gehen vor die Tür" ist inzwischen Standard." Das liegt auch daran, dass Raucher zur Minderheit geworden sind: Nur noch rund 30 Prozent der Bevölkerung greifen zum Glimmstängel, sagt die Expertin.

Beide Seiten einbinden

Die Diskussion um eingeschränkte Möglichkeiten zum Rauchen birgt dennoch viel Konfliktstoff, warnt die Coaching-Expertin Christine Öttl aus München. Vorgesetzte sollten nicht einfach Vorschriften durchdrücken, sondern beide Seiten einbinden, wenn neue Regeln eingeführt werden. "Man sollte versuchen, eine Diskussion darüber in Gang zu bringen, bei der alle zu Wort kommen können."

Wie die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt werden, müsse jede Firma selbst klären, betont Merfert-Diete. Auch Betriebsvereinbarungen über regelmäßige Raucherpausen können dazu gehören. Oder gerade nicht: "Siemens hat in einem Werk in Bocholt stattdessen Apfelpausen eingeführt", erzählt die Expertin - und die Aschenbecher durch Obstkörbe ersetzt, für Raucher und Nichtraucher gleichermaßen.

(gms)
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