Klare Regeln für Leiharbeit

Laut dem neuem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz dürfen Leiharbeiter nur noch maximal 18 Monate in einem Betrieb arbeiten. Ab neun Monaten soll "equal pay" gelten - also gleiches Geld für gleiche Arbeit.

Die Auftragslage ist gut und die Belegschaft bis zum Jahresende ausgelastet. Der Chef ist zufrieden. Doch dann gewinnt die Firma eine weitere Ausschreibung, ein großes Projekt, das innerhalb des nächsten halben Jahres für einen Kunden zu realisieren ist. Von heute auf morgen werden qualifizierte Software-Entwickler gebraucht, die das bestehende Team unterstützen. Da der Chef heute noch nicht weiß, ob er die zusätzlichen fünf Mitarbeiter in einem halben Jahr noch beschäftigen kann, greift er auf Leiharbeiter zurück. So kann er das Projekt erfolgreich abschließen und geht keine geschäftlichen Risiken ein.

Leiharbeit soll Betrieben die Flexibilität geben, ihr Personal kurzfristig aufzustocken und so Auftragsspitzen abzudecken. Bei dieser sogenannten Arbeitnehmerüberlassung werden Leiharbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber, dem Verleiher, an einen Dritten zur Arbeitsleistung überlassen.

Während der Überlassung sind die Leiharbeiter in den Betrieb eingegliedert und führen ihre Arbeit nach dessen Weisungen aus. Die Arbeitnehmerüberlassung ist eine klassische Personaldienstleistung und bringt nicht nur gering- oder nichtqualifizierte Menschen in Beschäftigung, auch hochqualifizierte Mitarbeiter gelangen oft über Zeitarbeitsfirmen zu ihrem späteren Arbeitgeber.

Arbeitnehmerüberlassung ist wegen der Konjunkturanfälligkeit und wechselnden Einsätzen oftmals mit Unsicherheiten für Arbeitnehmer verbunden. Zudem gibt es Rechtsunsicherheiten und Missbrauch, wie überlange Einsätze eines Leiharbeitnehmers zu ungünstigeren Bedingungen als für die fest angestellten Mitarbeiter des Betriebs. Daher hat der Gesetzgeber das Thema Leiharbeit im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt. Seit April gelten neue Regelungen, mit denen drei Ziele erreicht werden sollen. "Erstens sorgen wir dafür, dass gute Arbeit auch fair bezahlt wird", betont Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. "Zweitens schieben wir dem Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen einen Riegel vor, und drittens erhalten Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Möglichkeit, die Bedingungen für mehr Flexibilität und Sicherheit auszuhandeln."

Seit April gilt laut Gesetz eine Höchstüberlassungsdauer von grundsätzlich 18 Monaten für Zeitarbeitnehmer. "Sie müssen anschließend fest in den Kundenbetrieb übernommen werden, wenn sie weiterhin dort arbeiten sollen", erklärt Maren Letterhaus, Pressesprecherin des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ). "Andernfalls hat der Zeitarbeitgeber sie abzuziehen; es sei denn, die Tarifpartner einigen sich im Tarifvertrag auf eine längere Überlassung." Dann können Leiharbeiter auch über den Zeitraum von 18 Monaten hinaus in einem Unternehmen beschäftigt werden.

Auch in der Zeitarbeit gilt nach neun Monaten "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". "Einen gesetzlichen Anspruch auf den gleichen Lohn wie die Mitarbeiter aus der Stammbelegschaft haben Zeitarbeitnehmer, wenn sie neun Monate in einem Kundenbetrieb gearbeitet haben", so Maren Letterhaus. Bestehende Branchenzuschlagstarifverträge können fortgeführt werden, diese sehen bei Einsätzen in bestimmten Branchen bereits jetzt in den ersten neun Monaten eine stufenweise Lohnsteigerung vor. Hiervon profitieren insbesondere Leiharbeiter mit einer kürzeren Einsatzdauer. Laut Gesetz müssen die Betroffenen dann spätestens nach 15 Monaten das gleiche Arbeitsentgelt erhalten.

Weiterhin wird der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher verboten. Sie können in einem Betrieb, der von Arbeitskampf betroffen ist, nur arbeiten, wenn ihre Tätigkeiten nicht von Streikenden übernommen werden können.

Viele Probleme der Leiharbeit haben sich in den Bereich der Werkverträge verlagert. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist das Kernproblem, dass Verträge zwischen Unternehmen quasi risikolos als Werkverträge bezeichnet werden können, während tatsächlich Leiharbeit praktiziert wird. "Um zu verhindern, dass Zeitarbeit missbräuchlich über Werkverträge verlängert wird, muss eine Arbeitnehmerüberlassung künftig offen gelegt werden", betont Maren Letterhaus. "Indem das Gesetz klar definiert, wer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ist, entsteht mehr Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit."

Leiharbeitnehmer sollten prüfen, ob ihr Vertrag den neuen Regelungen entspricht. Verleiher sind verpflichtet, bei Vertragsschluss ein Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit mit den wesentlichen Inhalten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auszuhändigen. Außerdem muss der Leiharbeitnehmer vor jedem Einsatz darüber informiert werden, dass er als Leiharbeitnehmer tätig werden wird. So wird dem Arbeitnehmer in Zweifelsfällen transparent, ob er als Leiharbeiter oder im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags tätig werden soll.

Etwaige Verstöße gegen das Gesetz können bei der Bundesagentur für Arbeit als zuständige Kontrollbehörde gemeldet werden.

(RP)
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