Neukirchen-Vluyn Der Mann in der Mühle

Neukirchen-Vluyn · Joachim Bürger aus Neukirchen-Vluyn kaufte 1984 die Kornmühle in der Dong. 320.000 Euro Kaufpreis klingen wie ein Schnäppchen. Doch verschlang der Moloch bisher weit über eine Million Euro.

Neukirchen-Vluyn: Der Mann in der Mühle
Foto: Christoph Reichwein

"Drei Zimmer, Küche, Bad. Alles völlig normal", sagt der Unternehmer Joachim Bürger mit einem Augenzwinkern über sein Domizil. Aber "normal" ist hier schon lange nichts mehr. Seine Mühle in der malerischen Dong ist vielmehr eine Art modernes Museum, in dem Joachim Bürger nicht nur mit seiner Frau und zwei Hunden wohnt, sondern auch noch mehrere Firmen ihre Büroräume angemietet haben. Auf sieben Etagen - vom Keller bis zum Dach - verteilen sich 400 Quadratmeter Fläche.

Die Geschichte des Hauses ist lang. 1490 - Amerika war noch nicht entdeckt - wird die Mühle erstmals urkundlich in der Einkommensaufstellung des Grafen Vincenz von Moers erwähnt. Doch glaubt man der Legende, ist sie noch viel älter. 1123 soll die damals noch hölzerne Dong-Mühle in einer Nacht-und-Nebelaktion von der Anhöhe des Weingartens des Zisterzienser-Klosters Kamp geraubt worden sein. Heute zählt sie als das zweitälteste Gebäude der Stadt Neukirchen-Vluyn.

 Joachim Bürger und Frau Gudrun Pyka vor der Mühle. Rechts: Das bescheidene Wohnzimmer. Diese 80 Quadratmeter sind das Zentrum der Mühle. Küche und Schlafzimmer sind in den Nebenräumen integriert.

Joachim Bürger und Frau Gudrun Pyka vor der Mühle. Rechts: Das bescheidene Wohnzimmer. Diese 80 Quadratmeter sind das Zentrum der Mühle. Küche und Schlafzimmer sind in den Nebenräumen integriert.

Foto: Reichwein

Erworben hat Bürger das Gebäude 1984. Er kaufte es zwei Architekten ab, die beim Versuch des Umbaus der Mühle zur schicken Behausung pleite gegangen sind. "Umgerechnet etwa 320.000 Euro habe ich damals gezahlt. Samt 20.000 Quadratmeter Garten und umliegender Arbeiterhäuser." Ein wahres Schnäppchen. "Und die Pläne des Architekturbüros zum Umbau habe ich auch gleich übernommen", erinnert sich Bürger. Fünf, vielleicht sogar zehn Jahre habe es dann gedauert, um die Pläne umzusetzen.

Doch die Instandhaltung ist teuer. Größtes Problem war zu Beginn seiner Zeit die Feuchtigkeit aus dem Gebäude fernzuhalten: "Das Regenwasser läuft die ganze Fassade entlang, und der Wind drückt das Wasser permanent ins Mauerwerk", erklärt Bürger die anfänglichen Wehwehchen. Immer wieder fand er feuchte Stellen im Haus, die leicht zu Schimmelbefall hätten führen können. Selbst Professoren für Bauphysik bissen sich an der Aufgabe, das Innere trocken zu halten, die Zähne aus. Der erste wollte die Mühle mit einer Kalkschicht überziehen. "Sie hätte jedes Jahr erneuert werden müssen, außerdem wäre die Mühle dann heute weiß", sagt Bürger. Eine Farbe, die ihm offensichtlich bis heute nicht gefallen würde.

 Die Mühle in den 50-er.

Die Mühle in den 50-er.

Foto: TRESS

Der zweite Professor für Bauphysik wollte das Gebäude mit einem Kunstharz überziehen. "An der kleinen Teststelle verfärbte sich die Mühle aber zu Dunkelgelb. Das war auch keine Alternative." Erst der Dritte schlug das bis heute angewendete Verfahren durch - die Hydrophobierung durch eine klare Flüssigkeit - eine Art Imprägnierung. Jetzt bleibt es innen trocken.

Damit nicht genug. Erst vor wenigen Jahren mussten die Flügel erneuert werden, die Jahrhundertsturm Kyrill zum Opfer fielen. "Das waren 43.000 Euro Kosten. Und demnächst muss die Haube auch erneuert werden. Das sind noch mal 50.000", sagt Bürger. Seit dem Kauf der Mühle, schätzt Bürger, hat er in den vergangenen Jahren etwa 1,2 Millionen Euro in die Instandhaltung und Pflege des Hauses und der Gärten gesteckt. Auch die Gartenarbeit gehe ins Geld. "Setzen sie mal einen Gärtner neun Stunden lang auf den Rasenmäher. Täglich!"

Aus kaufmännischer Sicht sei die Mühle eben kein Schnäppchen, sondern nur ein Elendsprojekt", sagt Bürger. "Sie ist eigentlich nicht vermarktbar." Wollte er verkaufen, bekäme er vielleicht den Kaufpreis. Mehr aber nicht. "Wer sich ein Spielzeug wie Burg, Schloss oder eben eine Mühle kauft, muss die Fläche vermieten - an Firmen, damit es sich lohne und rechne. "Es klingt fürchterlich dekadent. Aber das hier ist ein riesiger Aufwand, der betrieben werden muss."

(KT)
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