Sportwagen wird 70 Der Mythos Porsche

Zuffenhausen · Vor 70 Jahren brachte Porsche erstmals einen Sportwagen auf die Straße. Seitdem baut die Marke Sehnsuchtsobjekte mit Suchtfaktor.

Porsche 911 vs. Porsche 928 - das Duell unter Brüdern
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Foto: Porsche

Der erste Porsche war, nüchtern betrachtet, eine lahme Ente. Gerade mal 135 km/h erreichte der Roadster 356 und wäre damit heute wohl selbst einem Fiat Panda unterlegen. Dennoch markierte das vor 70 Jahren erstmals auf die Straße gebrachte Lieblingsprojekt seines Erfinders Ferdinand "Ferry" Porsche eine Zeitenwende.

Denn sein Tempo kitzelte der 356, der im Juni 1948 erstmals für die Straße zugelassen wurde, dank nur 585 Kilogramm Gewicht aus 35 Pferdestärken - und prägte damit eine automobile Philosophie, die auf das optimale Verhältnis von Leistung und Gewicht abzielt.

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Foto: Porsche

Bis heute wird Porsche diesem Ruf gerecht, steht der Name für das Nonplusultra im Sportwagen-Segment, für die ideale Symbiose aus Ästhetik und Kraft, Eleganz und Alltagstauglichkeit, Design und Technik. Porsche schürt Sehnsüchte und lebt gut davon - und das in einer Zeit, in der dem Automobil droht, als Schmuddelkind der Nation von den Straßen verbannt zu werden. Der letzte Wagen, der gebaut wird, könnte also ein Porsche sein - wie es "Ferry" Porsche schon prognostizierte.

Einmal Porsche, immer Porsche. Dieses Credo gilt für die meisten Fahrer. Was kann eine Marke mehr wollen als Produkte mit Suchtfaktor? Vielleicht harmlosere. Denn ein Porsche ist kein Spielzeug, muss beherrscht werden. James Dean, obwohl rennerfahren, verunglückte 1955 in Kalifornien tödlich mit seinem 550 Spyder, den er "Little Bastard" getauft hatte.

Aber selbst ein solcher Unfall schürte nur die Legende, sowohl Deans als auch die des Autobauers. Porsche bedient bis heute ein spezielles Lebensgefühl, verspricht einen Hauch Klasse, Extraordinäres, Unabhängigkeit - egal, wie realitätsfern dies auch sein mag, wie weit Marketing und Wirklichkeit auch auseinanderklaffen mögen.

Jeder prominente Porsche-Pilot macht die Marke damit begehrlicher - und davon gab und gibt es unzählige. Von Model Kate Moss über Schauspieler Keanu Reeves bis Tennisspielerin Martina Navratilova, um nur einige wenige zu nennen.

Und natürlich dem rennsportbegeisterten Steve McQueen, der dem 911er mit dem Film "Le Mans" ein Denkmal setzte. "Rennen heißt für uns Leben", heißt es da. "Die Zeit, die zwischen den Rennen liegt, heißt Warten." Was für eine Hommage: Wer Porsche fährt, lebt, heißt das, und wer keinen fährt, der wartet darauf, endlich leben zu dürfen. McQueen besaß selbst diverse Porsche, holte sich sogar einen zurück, der an einen Sammler verkauft worden war. Porsche-Liebe rostet nie.

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Foto: Porsche

Das Flaggschiff der Marke, aber auch ihr Herz, war und ist der 911er. Seit 1963 definiert das Modell mittlerweile, was einen Sportwagen ausmacht. Und ist mit seiner immergleichen Linienführung und Formensprache für das Segment so ikonografisch bedeutsam wie Marilyn Monroe für Hollywood. Mehr als eine Million Elfer wurden bislang verkauft, sie haben den Mythos entscheidend mitgeprägt.

Doch ist der Elfer nur eines von vielen Modellen der Zuffenhausener, die meisten davon erfolgreich - Boxster, Cayman, Cayenne, Panamera, Macan, um nur einige zu nennen. Sie alle tragen unverkennbar das Porsche-Gen in sich - auch das ist eine Meisterleistung der Ingenieure, Designer und Marketing-Strategen.

Abgesehen davon, dass Porsche-Fahrern gerne mal geringes Selbstwertgefühl attestiert wird, hält sich der Sozialneid erstaunlich in Grenzen. Was vielleicht auch damit zu tun hat, dass die Marke nie den protzigen Auftritt gesucht hat, sondern eher nüchternes Understatement pflegt. "Ein formal stimmiges Produkt braucht keine Verzierungen", beschrieb Ferdinand Alexander Porsche den Geist des Elfers, der sich auf alle Modelle übertragen lässt.

Form und Funktion elegant vereint, das fasziniert und überzeugt, auch diejenigen, die sich einen Porsche nicht oder eigentlich nicht leisten können. Schon 1952 gründete sich in Dortmund der erste Porsche-Club, heute sind es 700 Clubs weltweit mit mehr als 200.000 Mitgliedern.

Für sie alle ist ihr Porsche mehr als nur Objekt der Begierde, sondern ein Bekenntnis, ein Lebensgefühl. Ein Gebrauchsgegenstand. Ein Fluchtfahrzeug, um der Alltagsroutine zu entkommen. Wenn auch nur gefühlt. Aber Gefühl ist das, was zählt, was verkauft: Das Zusammenspiel (beim Elfer) aus kernigem Boxersound, dem Blick über die gewölbten Kotflügel, von den Porsche-Designern Peilkanten genannt, teils brachialem Schub und satter Straßenlage.

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Foto: Porsche

Wer dies einmal erlebt hat, will mehr davon. Rallye-Weltmeister Walter Röhrl etwa sparte sich mühsam das Geld für sein erstes eigenes Auto zusammen: einen Porsche 356 B Coupé mit 75 PS. Heute besitzt er eine eigene Sportwagen-Sammlung.

Überhaupt gilt gerade für Porsche: Sie fahren und fahren und fahren. Allein von den eine Million Elfern sind noch rund 650.000 auf den Straßen unterwegs. Porsche werden aber nicht nur besonders gut gepflegt, sondern sind technisch ausgereifte, wenig anfällige Fahrzeuge, die bei TÜV-Mängelberichten immer bestens abschneiden. Schon alleine deshalb ist wohl davon auszugehen, dass sie auch weiter zum Straßenbild gehören werden.

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Demnächst auch elektrifiziert. Was vielen Saug- und Turbomotoren-Afficionados noch unvorstellbar, wenn nicht gar frevelhaft erscheint, zeichnet sich bereits am Horizont ab. Dort lauert der Mission E, die Konzeptstudie eines Elektrosportwagens. 600 PS, 250 km/h Höchstgeschwindigkeit, von null auf 100 in 3,5 Sekunden, Reichweite 500 Kilometer. Auch nach 70 Jahren fährt Porsche weiter in die Zukunft.

(RP)
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