Zukunft der E-Autos Warum Autohersteller Energiespeicher verkaufen

Stuttgart · Autohersteller haben den Markt für Energiespeicher für sich entdeckt. Batterien für Haushalt und Industrie sollen günstigen Strom bereithalten und helfen, Leistungsspitzen im Netz abzupuffern. Dabei geht es nicht nur um ein neues Geschäftsfeld.

E-Auto: Warum Autohersteller Energiespeicher verkaufen
Foto: dpa

Ein Benz könnte bald nicht nur in der Garage, sondern auch im Keller stehen. Der Stuttgarter Autohersteller Daimler drängt - genau wie der E-Auto-Pionier Tesla - ins Geschäft für stationäre Energiespeicher: Große Batterien, die Strom aus Solarzellen auf dem Dach abspeichern und dann abgeben sollen, wenn die Leistung aus der Steckdose zu teuer ist. Ein vielversprechendes Geschäftsfeld?

Die Unternehmensberatung Roland Berger schätzt den Markt mit stationären Energiespeichern im Jahr 2020 auf drei bis vier Milliarden Euro. Ein Stück von diesem Kuchen dürfte aber nicht der einzige Anreiz sein: "Die Autohersteller bauen dadurch indirekt Infrastruktur auf und fördern die Einführung von E-Autos", sagt Peter Fuß von der Wirtschaftsberatung Ernst & Young. Das bringt einen entscheidenden Komfortvorteil.

"Tanken" zuhause

Denn schon jetzt laden viele E-Auto-Nutzer nicht an öffentlichen Ladesäulen, sondern zu Hause auf. Mit dezentralen Speichern können auch Lastspitzen im Stromnetz ausgeglichen werden. Denn setzen sich die Elektroflitzer einmal durch, kommt auf die Stromnetze eine hohe Zusatzbelastung zu, wenn nachts alle E-Auto-Besitzer ihre Fahrzeuge gleichzeitig an die Steckdose hängen.

Für Tesla geht es nach Einschätzung von Experten vor allem um die Auslastung seiner geplanten fünf Milliarden Dollar teuren Zellfabrik, die das Unternehmen gemeinsam mit dem japanischne Elektronikkonzern Panasonic im US-Bundesstaat Nevada bauen lassen will. "Die Investition in die Gigafactory bei Tesla muss sich letztendlich rechnen", sagt Stefan Randak von der Management-Beratung Atreus. "Das gleiche - wenn auch in kleinerem Umfang - sehen wir bei Daimlers Investitionen in Accumotive."

Accumotive, Daimlers Batterie-Tochter in Kamenz, fertigt nicht nur Batterien für E-Autos, sondern auch die Speicher für den Hausgebrauch sowie Industrie, die der Autohersteller schon diesen Sommer auf den Markt bringen will. Nur die ersten Batterien werden Daimler-Zellen beinhalten. Ende 2015 wird die Zellproduktion bei Accumotive eingestellt. Dann sollen dort nur noch Batterien hergestellt werden und die Zellen von Zulieferern kommen. Auch hier geht es um Größe:
"Je mehr sie einkaufen, desto günstiger wird es", sagt E-Batterie-Experte Marcus Müller von der TU München.

Den größeren Vorteil hat allerdings Tesla, so die Experten. "Für Tesla führt dieses Engagement gleich mehrfach zu Skaleneffekten", sagt Volker Blandow, Leiter E-Mobilität beim Tüv Süd. Die in den Speichern verwendete Elektronik stammt aus Teslas Fahrzeugen und der hauseigenen Ladeinfrastruktur. Über das Projekt Solar City, das Tesla-Gründer Elon Musk zusammen mit seinem Cousin ins Leben rief und das Solaranlagen vertreibt, hat das Unternehmen Zugang zu einer Vielzahl von Kunden mit Solaranlagen, die wiederum Interesse an Speichern haben könnten.

"Zudem ist die von Tesla verwendete Zelltechnologie eine der am billigsten zu produzierenden Technologien", sagt Blandow. So kann Tesla durch die eigene Zellproduktion den Preis für Batterien allgemein drücken - ein entscheidender Kostenfaktor bei E-Autos.

Der angekündigte Preis für Teslas Energiespeicher für den Hausgebrauch mit 3000 Dollar für sieben Kilowattstunden kommt einer Kampfansage an etablierte Anbieter im Markt für Stromspeicher gleich. Dazu gehören der Elektronikkonzern Samsung, Panasonic, aber auch der Technikkonzern Bosch und der Batteriehersteller Varta.

"Teslas Angebot ist fast schon eine Halbierung dessen, was wir auf dem deutschen Markt an qualitativen Produkten kennen", sagt Randak. Daimler will bei den Preisen nach eigenen Angaben mithalten. Ob der Stuttgarter Autobauer und Tesla etablierte Hersteller verdrängen werden, ist allerdings nicht ausgemacht. Wolfgang Bernhart von Roland Berger hat Zweifel: "Wir gehen nicht davon aus, dass nur ein Hersteller den Markt dominieren wird."

Und abzuwarten bleibt auch, ob sich die Speicher für Verbraucher lohnen werden. "Selbst bei den von Tesla genannten Preisen bleibt das Geschäftsmodell für Privatkunden in Deutschland schwierig", sagt Blandow. Für sie ergebe sich der Nutzen aus der Spanne zwischen Einspeisevergütung (derzeit etwa 11 Cent) und einem Strompreis von 25 bis 28 Cent. "Ohne spezielle Anreizsysteme ergibt sich daraus eine Amortisation erst nach sechs bis sieben Jahren."

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort