Assistenzsysteme Wenn das Auto mit der Ampel spricht

Die Vernetzung ist der größte Treiber bei der Entwicklung neuer Assistenzsysteme. Für eine reibungslose Kommunikation müssen aber alle die gleiche Sprache sprechen.

Assistenzsysteme im Auto - hilfreich und sinnvoll
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Das Auto bremst selbstständig, hält die Spur und kann mit etwas Hilfe alleine in die Parklücke fahren. Selbst in Kleinwagen sind heutzutage zahlreiche Assistenzsysteme verbaut, die das Fahren sicherer machen sollen.

Doch die Entwickler denken schon einen Schritt weiter: Die neuen elektronischen Helfer kommunizieren mit der Umwelt, also anderen Autos, der Infrastruktur und sogar Fußgängern. Vernetzung ist das große Stichwort — das Ziel nicht weniger als das vollautonome Fahren.

"Neun Verkehrstote täglich hatten wir im vergangenen Jahr auf Deutschlands Straßen. Wir wollen die Zahl auf null reduzieren", sagte Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland, bei der Eröffnung des "5G Mobility Lab" in diesem Jahr.

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Auf einem Testgelände in Aldenhoven in der Nähe von Jülich testet der Mobilfunkanbieter mit zahlreichen Partner ein neuartiges 5G-Netz, "mit dem Geschwindigkeiten von zehn Gigabit sowie Latenzen von weniger als zehn Millisekunden möglich sind", erläuterte Ametsreiter. "Das entspricht der Reaktionszeit von Nervenzellen."

Diese Geschwindigkeit ist notwendig, damit die Assistenzsysteme der Zukunft ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Soll ein Fahrzeug beispielsweise rechtzeitig vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis bremsen, sind sehr kurze Reaktionszeiten gefordert.

"Für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer wäre es am besten, wenn die Kommunikation mit jedem Schulranzen, mit jedem Fahrrad möglich wäre", sagt Professor Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach.

Er gliedert Assistenzsysteme in drei Kategorien: Elektronische Helfer, die auf das selbstständige Fahren eines Autos abzielen, also zum Beispiel die Spur halten; Systeme zur Unfallvermeidung wie Notbremsassistenten; und Technologien, die einen Schutz bieten, wenn der Unfall nicht mehr zu vermeiden ist — etwa Airbags.

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Neben der Funktechnik 5G gibt es noch andere Möglichkeiten, Verkehrsteilnehmer und Infrastruktur miteinander zu vernetzen. "In der Industrie gibt es die Diskussion, ob 5G der künftige Standard für die Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation ist, und wer für die Infrastruktur bezahlt", erklärt Dominik Raudszus, Teamleiter Vernetzte Fahrerassistenz am Institut für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen.

Bei 5G werden dies seiner Meinung nach die Mobilfunkanbieter sein, da sich diese Technologie nicht nur für Automobilanwendungen wie die Steigerung der Sicherheit nutzen lässt. Auch bei anderen Anwendungen im Fahrzeug wie Videostreaming oder in völlig unterschiedlichen Bereichen wie der Industrie 4.0 lässt sich 5G anwenden. "Daher gibt es hier auch entsprechende Geschäftsmodelle, die die hohen Investitionen gegenfinanzieren."

Eine Alternative zu 5G ist die sogenannte ITS-G5-Technologie. Diese Form des W-Lan ermöglicht ebenfalls die Kommunikation von Fahrzeugen zur Infrastruktur und untereinander. Ein möglicher Vorteil von ITS-G5 ist laut Raudszus, dass es sich um ein abgeschlossenes System handelt, das eine höhere Zuverlässigkeit aufweist, was gerade für sicherheitskritische Anwendungen wichtig ist.

Problematisch könnte es bei der Finanzierung werden, deren Höhe auch davon abhängt, ob man beispielsweise nur einzelne Ampelanlagen ausstatten oder eine großflächige Abdeckung erreichen will.

"Bestimmte Anwendungsfälle, insbesondere die Steigerung der Verkehrssicherheit, bieten in erster Line einen gesellschaftlichen beziehungsweise volkswirtschaftlichen Nutzen", sagt Raudszus. Daraus Geschäftsmodelle zu entwickeln, könnte schwierig werden. Deshalb sei ein denkbares Szenario, dass die Infrastruktur von der öffentlichen Hand finanziert wird.

Beide Systeme haben also ihre Vor- und Nachteile. "Daher sieht auch die Strategie der Europäischen Kommission momentan so aus, dass man das Beste aus beiden Technologien kombiniert", erläutert Raudszus.

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Wichtig ist, das beide Systeme miteinander kompatibel sind, also die gleiche Sprache sprechen. "Es wäre sinnvoll, wenn es einen Standard geben und die Hersteller sich einigen würden", sagt Bratzel vom Center of Automotive Management. Denn spätestens wenn es um das vollautonome Fahren geht, müssen die Systeme zusammenfunktionieren.

Denn da sind sich die beiden Experten einig: Die Assistenzsysteme der Zukunft sind nur die Vorstufe zum vollautonomen Fahren.

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