Fahrbericht Chinas Elektro-Roller Niu N1S im Alltagstest

Düsseldorf · Der chinesische Newcomer Niu verkauft seine Elektro-Roller nun auch in Deutschland. Wir haben uns das Modell N1S für einen Test besorgt. Kann das Gefährt überzeugen?

Elektro-Roller Niu N1S im Test
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Elektro-Roller Niu N1S im Test

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Foto: Christoph Schroeter/Felix Bieber

Das Auffälligste am Niu N1S ist - wie bei anderen Elektro-Rollern auch - zuerst einmal das Unauffälligste: Er flitzt nahezu geräuschlos durch die Straßen der Stadt. Das ist begrüßenswert, sorgt jedoch bei anderen Verkehrsteilnehmern nicht selten für Schreckmomente: Überholte Fahrradfahrer, die kurz zusammenzucken, Fußgänger, die zurückspringen, weil sie "auf Gehör" die Straße überqueren wollen.

Durchaus umweltfreundlich verhält sich der NS1 also, weil er neben der Geräuschkulisse auch auf die stinkenden Abgaswolken seiner Benzin-betriebenen Verwandtschaft verzichtet. Doch kann der E-Roller der klassischen Konkurrenz auch beim wichtigen Thema Reichweite die Stirn bieten? Reichweite und lange Ladezeiten sind auch bei Elektroautos noch ein großes Problem.

80 Kilometer weit, verspricht der chinesische Hersteller, soll man mit seinem Roller kommen. Das wäre für einen Stadtflitzer eine ordentliche Distanz. Leider handelt es sich um einen theoretischen Wert.

Dazu muss man wissen, dass sich am rechten Lenkergriff ein Wahlschalter befindet, drei Fahrprogramme lassen sich dort auswählen. Bei Stufe eins liegt die sogenannte Höchstgeschwindigkeit bei spaßbefreiten 18 km/h. So werden die 80 Kilometer vielleicht erreicht, doch spielt man dann mehr als vier Stunden lang Verkehrshindernis. Stufe zwei hebt die Top-Geschwindigkeit auf knapp über 30 km/h, Stufe drei ermöglicht dann die offiziell erlaubten 45 km/h. Laut Tacho schafft der N1S in unserem Test 53 km/h - mit viel Anlauf und auf topfebener Strecke. Dann beträgt die Reichweite nur noch rund 50 Kilometer.

Was die reale Reichweite zusätzlich schmälert: Sinkt der Akkustand auf zehn Prozent, schaltet der Roller automatisch in die Schnecken-Stufe eins und man tuckert seinem Ziel mit Tempo 18 entgegen - oder verlegt sich gleich aufs Schieben.

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Foto: fbn/SP-X

Zum Laden des Akkus wird das Ladekabel in einen Stecker unter dem Sitz gesteckt. Wer am Parkplatz keine Steckdose zur Verfügung hat, kann den rund zehn Kilogramm schweren Akku bequem an einem Tragegriff mit ins Haus oder Büro nehmen und ihn dort laden. Einmal volltanken dauert sechs bis sieben Stunden.

Spaß macht mit dem Roller der Ampelstart. Da Elektromotoren vom Start weg das volle Drehmoment zur Verfügung steht, zischt der Roller richtig los und lässt zumindest auf den ersten hundert Metern die meisten Autos hinter sich. Hier leistet der 2,4-kW-Bosch-Motor gute Arbeit.

Fällt man jedoch von der Höchstgeschwindigkeit auf, sagen wir mal, 30 km/h zurück und will dann wieder beschleunigen, dauert es. Hier fehlt etwas der Zug.

Ansonsten ist man mit dem N1S in der Stadt flink unterwegs. Sitzt ein Sozius mit auf dem Roller, leiden Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit etwas, es stellt sich jedoch trotzdem noch genügend Fahrspaß ein.

Nicht so viel Spaß dürfte der Besitzer auf längere Sicht mit der Sitzbank haben. Die ist nicht nur klappbar, sondern auch recht klapprig. Dem Scharnier wird eine lange Haltbarkeit nur bei sehr pfleglicher Behandlung gegönnt sein.

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Foto: e.GO

Auch beim darunter liegenden Helmfach haben die Designer keinen Top-Job gemacht, es ist schlichtweg zu klein für den Kopfschutz. Der Helm des Testers in Größe XXL und herunterklappbarem Visier passte nicht hinein, ein Zweithelm in Größe L nur mit heftigem Drücken und Quetschen. Das ist schade, weil man den Helm so immer mit sich herumtragen muss.

Einen auch nicht hundertprozentig soliden Eindruck hinterlassen die Griffe für den Mitfahrer, sie sind lediglich aus Kunststoff gefertigt. Metall hätte hier nicht nur einen stabileren, sondern auch einen wertigeren Eindruck gemacht.

Was uns im Test noch fehlte: Im Display wird neben Ladestand und Geschwindigkeit zwar die Temperatur, nicht aber die Uhrzeit angezeigt.

Preislich liegt der Niu NS1 mit knapp 2700 Euro auf einer Höhe mit der Konkurrenz, etwa dem Unu oder dem Gekko V2.

Sollte man einmal den Parkplatz seines Rollers vergessen haben: Hat man die Niu-App auf dem Smartphone und mit seinem Roller gekoppelt, werden einem der Standort und auch die Ladekapazität des Akkus auf den Display angezeigt.

Der Roller wurde der Redaktion von dem Düsseldorfer Rollerhändler Alisze für den Test zur Verfügung gestellt.

(csr)
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