Fahrbericht Harley-Davidson Fat Bob - Wuchtbrumme mit Macho-Faktor

Düsseldorf · Harley-Davidson stellt im Rahmen der völlig neu entwickelten Softail-Baureihe die martialisch aussehende Fat Bob auf fette Räder

Harley-Davidson Fat Bob - mit martialischem Aussehen
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Harley-Davidson Fat Bob - mit martialischem Aussehen

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Foto: Harley-Davidson

Einiges an der Fat Bob ist im XXL-Format ausgeführt: schwarze Lenkstange mit mächtigen Klemmfäusten, die 49-Millimeter-USD-Gabel, der Frontpneu und der plattgedrückte Lichtbalken gehören dazu. Ganz im Gegensatz dazu steht das Pölsterchen hinter dem opulenten Fahrersitz; sich hier geborgen zu fühlen, dürfte höhere Yoga-Künste voraussetzen.

Nein, natürlich ist die Fat Bob nicht für entspannte Genusstouren zu zweit gemacht; dafür hat Harley andere Modelle im Angebot. Die Fat Bob ist die Inkarnation des Bösen — optisch zumindest; damit erfüllt dieses Modell den Anspruch der Abteilung Produktplanung des US-Herstellers perfekt, so illegal wie möglich auszusehen. Einschüchternd wirkt dieses Motorrad auf alle, die nicht auf dem 71 Zentimeter niedrigen Fahrersitz Platz genommen haben.

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Foto: AFP/MIGUEL MEDINA

Metall dominiert, die Farbe Schwarz herrscht vor. Stabile Rahmenrohre aus Rundstahl, extrem knapp gehaltene Kotflügel, dazu ein eher knapp bemessener, asymmetrischer Tank, auf dem ein Analogdrehzahlmesser Platz gefunden hat; alle anderen fürs Fahren und die Zulassung nötigen Angaben werden in einem kleinen LC-Display digital angezeigt. Chrom-Akzente oder blank poliertes Metall gibt es nur an wenigen Stellen, beispielsweise an der Tankkonsole oder dem doppelten Auspuff-Endtopf.

Eine Blenderin ist die Fat Bob auch in punkto Starrrahmen, denn natürlich gibt es eine Federung fürs 18 Zentimeter breite Hinterrad; es versteckt sich perfekt unterm Sitz, ist für die Einstellung der Vorspannung dank eines seitlich nahe dem Auspuffkrümmer angebrachten Hydraulik-Drehknebels aber ausgezeichnet zugänglich.

So speziell die Fat Bob wirkt, beeindruckt sie andererseits durch weitere praktische Details: Auf dem leicht erreichbaren Ölmessstab finden sich alle nötigen Anweisungen und sogar die Nachfüllmenge. Zudem sind die Zündkerzen bestens zugänglich, selbst wenn zu vermuten ist, dass sie erstens Longlife-Qualität aufweisen und zweitens nur in den seltensten Fällen vom Fahrzeugbesitzer eigenhändig gewechselt werden.

Der Motor ist — insbesondere in der gefahrenen 114er Version — ein echter Kraftprotz. Schon beim Anfahren stehen deutlich über 120 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung, so dass Schub keine Frage der anliegenden Drehzahl ist. Ein Zucken am Gasgriff genügt, schon verstärkt sich der Vorwärtsdrang massiv.

Die Übersetzung in den oberen Gängen ist so lang, dass beim Abregeln im sechsten Gang — mehr als 190 km/h hält Harley für unsinnig (wir auch) — noch nicht mal 4.500 Umdrehungen anliegen. Bei Tempo 130 sind es besinnliche 3.000 Touren, die vom luft-/ölgekühlten V2 ohne störende Vibrationen realisiert werden. Ein überzeugender Antrieb.

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Foto: Royal Enfield

Durchaus gelungen, wenn auch wegen des dicken Frontpneus anfangs gewöhnungsbedürftig, ist auch das Fahrwerk mit einer auch für flottes Land- und Bergstraßenfahren ausreichenden Schräglagenfreiheit. Dass das Einlenken einen kräftigen Impuls benötigt, muss man als Fahrer erst mal intus haben, aber dann ist durchaus freches Fahren möglich.

Die Fahrwerksabstimmung ist eher komfortorientiert als überstraff ausgelegt, und die aggressive Sitzposition mit vorverlegten Fußrasten ist keinesfalls unbequem. Auf das Erzielen guter Rücksicht in den Spiegeln haben die Entwickler ganz offensichtlich weniger Wert gelegt. Auf gute Bremsleistungen und sauberes ABS-Regeln dagegen schon.

Mit ihrem martialischen, fast schon "verbotenen" Aussehen wendet sich die Fat Bob nicht an den typischen Best-Ager, der bisher eine Road King oder eine fransenverunzierte Heritage gefahren ist, sondern an ein jüngeres Publikum: Leistungsorientiert und extrovertiert wird derjenige sein, der auf eine Fat Bob fliegt (oder steht).

Den Frauenanteil schätzen wir wohlwollend auf 0,01 Prozent. Ist aber bestimmt so gewollt von dem Marketing-Strategen der Amis.

Motor: Luft- und flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, vier Ventile pro Zylinder, 1.745 (1.868) ccm Hubraum, 64 kW/86 PS (69 kW/94 PS) bei 5.020 U/min., 145 Nm bei 3.500 U/min (155 Nm bei 3.000 U/min.); Einspritzung, 6 Gänge, Zahnriemen.

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Foto: fbn/SP-X

Fahrwerk: Stahl-Doppelschleifenrahmen; 49 mm Telegabel vorne, 13 cm Federweg; Stahl-Dreiecksschwinge und Zentralfederbein hinten, Vorspannung einstellbar, 8,6 cm Federweg; Speichenräder mit Stahlfelgen; Reifen 150/80-16 (vorne) bzw. 180/70 B 16 (hinten). 30 cm Einscheibenbremse vorne, 29,2 cm Einscheibenbremse hinten.

Assistenzsysteme: ABS, Security System (Wegfahrsperre u. Alarmanlage mit Keyless-Fernbedienung), selbstrückstellende Blinker, Warnblinker.

Maße und Gewichte: Radstand 1,615 m, Sitzhöhe 71 cm, Gewicht fahrfertig 306 (309) kg, Zuladung 217 kg; Tankinhalt 13,6 l.

Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit 190 km/h; Verbrauch lt. WMTC-Norm 5,4 (5,3) l/100 km

Preis: ab 17.895 (19.195) Euro

(csr)
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