Airbus Motorrad aus dem 3D-Drucker

Taufkirchen · Eine Tochterfirma des Flugzeugbauers Airbus bringt ihr erstes Motorrad auf den Markt. Der ultraleichte Alurahmen ist dabei stets eine Einzelanfertigung - und kommt aus dem 3D-Metalldrucker. Mit der Technik wollen die Spezialisten auch Auto- und Flugzeugbau revolutionieren.

 Federleichte 35 Kilo wiegt das ganze Motorrad

Federleichte 35 Kilo wiegt das ganze Motorrad

Foto: AP Works

Möchten Sie einer von 50 Menschen auf der Welt sein, die das wohl innovativste Motorrad der Welt besitzen? Dann halten Sie schon mal 50.000 Euro bereit - und lesen Sie bitte diesen Text etwas schneller. Könnte sein, dass die Maschine schon bald nicht mehr zu haben ist.

Der einzige, der einen Vorsprung hat beim Ordern des Light-Rider der Firma AP Works ist Tom Enders.

Der Konzernchef der AP Works-Muttergesellschaft Airbus hat nämlich als Testpilot in Jeans und Lederjacke die Premieren-Ausfahrt mit dem Motorrad gemacht - und von AP-Chef Joachim Zettler gleich danach den ersten Kaufvertrag in die Hand gedrückt bekommen.

 Tom Enders hat die Premieren-Ausfahrt mit dem Motorrad gemacht

Tom Enders hat die Premieren-Ausfahrt mit dem Motorrad gemacht

Foto: AP Works

"Wow, für den Preis bekomme ich ja einen Porsche”, hat der Lenker des weltgrößten Flugzeugbauers dazu gesagt. Aber vielleicht bekommt Enders ja Rabatt.

Die Maschine jedenfalls ist das Geld wohl wert; zumindest für Liebhaber technologischer Exoten. Denn ihre Fertigungsmethode ist bei einem Serien-Motorrad weltweit einmalig: Der gesamte Rahmen wird in zwölf Einzelteilen aus einem 3D-Drucker hergestellt - und danach verschweißt. 48 Stunden dauert das.

Jedes der 50 vom Tüv als Kleinserie genehmigten Exemplare ist ein Einzelstück - dessen Rahmen genau an Gewicht und Körpermaße des Fahrers angepasst gedruckt wird. Das Ding ist superleicht, weil Milliarden Partikel einer patentierten Alu-Legierung nur da hingesprüht werden, wo sie gebraucht werden.

Den Effekt kennt jeder Motorsportler: Die wahre Messgröße für Potenz auf der Rennstrecke sind ja PS pro Kilo. Sprich: Je leichter das Gefährt, desto weniger fett muss der Motor sein. Darum etwa investieren so viele Sportwagen- oder Motorradbauer in sündteure Carbonteile. Die Airbus-Techniker bereichern diese Welt der eiligen Fahrer nun um einen weiteren Ansatz: den topologisch optimierten Rahmen.

Topo … was? Der Begriff aus der Mathematik beschreibt, wie geometrische Gebilde in einem Raum optimal angeordnet werden - damit bei möglichst wenig Material möglichst viel Druck verteilt werden kann zum Beispiel. Wendet man diesen Rechenakt auf einen Motorradrahmen an, dann würde der eigentlich eine Menge Material gar nicht brauchen. Er ist aber ebenso gegossen und verbunden. Basta.

Der 3D-Druck ändert diese Einschränkung. Denn hier werden nicht einfach Rohre verbunden - der Drucker kann das Aluminiumpulver auch nur exakt dorthin blasen, wo es zur optimalen Steifigkeit und Kraftverteilung gebraucht wird. Heraus kommt ein Rahmen, der ein bisschen wie das Gewölbe eines gotischen Doms gepaart mit einem Schweizer Käse aussieht - aber mit der Härte von Titan. Mit nur sechs Kilo ist er fast ein Drittel leichter als ein konventioneller Rahmen.

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Foto: dpa, zeh

Federleichte 35 Kilo wiegt das ganze Motorrad - und selbst der mickrige 6-kW-Elektromotor bringt das Bike nebst Fahrer Enders leise surrend in drei Sekunden von Null auf 45 Stundenkilometer. Bei 80 Stundenkilometer Top-Speed ist für den Prototypen aber erst mal Schluss. "Es ginge aber noch deutlich mehr”, sagt Zettler.

Der AP-Works-Geschäftsführer ist aber erst mal ganz froh, überhaupt die Genehmigung für die Produktion des Motorrads bekommen zu haben. Schließlich ist das Ganze eigentlich eine Schnaps- … oder wohl eher Glühwein-Idee seiner Mitarbeiter. Den ersten Gedanken an einen Motorrad-Bau haben die Macher nämlich auf ihrer Weihnachtsfeier 2014 gefasst. "Wir brauchen einfach etwas Vorzeigbares, um Kunden vom Potenzial des 3D-Druck in Metall zu überzeugen”, so Zettler.

Denn seine 16-Mitarbeiter-Firma soll bald den Verkauf von Komponenten und Ersatzteilen aus dem Drucker zu einem lukrativen Geschäft aufbauen. Problem dabei: Die Teile aus dem Drucker sind erst einmal viel teurer als konventionell gegossene Teile. Autokonzerne etwa setzen sie daher bisher erst im Prototypenbau ein oder bei superteuren Kleinserien-Sportwagen.

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Foto: Harley-Davidson

Doch schon bald könnten etwa deren Vertrags-Werkstätten in weit entfernten Ländern 3D-Drucker die Fertigung von Ersatzteilen übernehmen. Das spart den Versand um die halbe Welt, ein Zentrallager und damit Kosten.

Dazu kommt der Aspekt der Gewichtseinsparung durch die superleicht optimierten Hohlstrukturen, die sich so nur aus dem Drucker sprühen lassen. "Bei der Luftfahrt kann das in den kommenden zwanzig Jahren bei nur einer Tonne Gewichtseinsparung pro neuem Großflugzeug fast 20 Millionen Euro Kostenreduktion ausmachen”, hat Enders errechnen lassen.

Auch Autos würden mit punktgenau 3D-gedruckten Leicht-Teilen massiv Sprit sparen. Die AP-Works-Mannschaft darf darum eifrig weiter am 3D-Metalldruck experimentieren - auch, wenn der große Durchbruch der Technik noch dauert.

Dass dabei so rasante Produkte wie der Light-Rider rauskommen, wird den Stand Zettlers und seiner Kollegen beim Konzernchef sicher stärken. "Nach Fliegen und Fallschirmspringen ist Motorradfahren ja das drittcoolste”, sagt Enders; grinst und dreht noch mal einen Runde mit dem 3D-Motorrad.

(SP-X)
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