MV Agusta Daimler will bei Motorradbauer einsteigen
Stuttgart/Varese · Nun wohl auch Daimler: Nach der Konkurrenz von VW und BMW wollen laut einem Bericht auch die Stuttgarter auf Italiens traditionsreichem Motorradmarkt mitmischen.
Daimler will nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" beim italienischen Edel-Motorradbauer MV Agusta einsteigen. Die Stuttgarter stehen laut dem Bericht kurz davor, bis zu 25 Prozent an dem Hersteller aus Varese in der Lombardei zu übernehmen.
Demnach will Daimler den Kauf über seine Tuning-Tochter AMG abwickeln. Daimler und MV Agusta wollten dies auf Anfrage am Dienstag nicht kommentieren.
Dem Blatt zufolge wollen beide Unternehmen bis Anfang November Details bekanntgeben. Bereits im Juli hatten verschiedene Zeitungen über einen möglichen Einstieg berichtet. Laut "SZ" erhoffen sich die Italiener von dem Geschäft einen Internationalisierungsschub durch das Vertriebsnetz von Daimler.
Der Blick geht demnach vor allem in Richtung USA und Asien. Ziel sei es, den Umsatz in den kommenden Jahren auf 200 Millionen Euro zu verdoppeln. 2014 sollen knapp 10 000 Edel-Motorräder verkauft werden.
MV Agusta hatte nach zuletzt verfügbaren Daten (2012) rund 200 Mitarbeiter.
Das Unternehmen hat eine bewegte Geschichte hinter sich. 2008 war es an Harley-Davidson verkauft worden. Weil der US-Motorradriese aber in der Wirtschaftskrise ums Überleben kämpfen musste, kaufte die Familie Castiglioni die Firma wenig später wieder zurück und führte sie in Eigenregie weiter.
Auch andere deutsche Autobauer sind im Motorradgeschäft aktiv. Zuletzt kaufte etwa die VW-Tochter Audi den italienischen Hersteller Ducati. Daimlers Erzrivale BMW hat eine eigene Motorradsparte. Der Autozulieferer Bosch kündigte jüngst zudem an, mit neuen Antriebssystemen im weltweiten Motorradmarkt mitmischen zu wollen.
Marke mit Tradition
MV Agusta blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück. Die Ursprünge des Unternehmens mit Sitz in Varese in Oberitalien reichen bis zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts zurück.
MV Agusta ging aus der Firma des Luftfahrtpioniers Giovanni Agusta hervor. 1945 wurde das erste Motorrad vorgestellt, das eigentlich "Vespa 98" heißen sollte - allerdings war dieser später so klangvolle Markenname da bereits vergeben.
Nach einem Boom in den 1950er Jahren mit Erfolgen auch im Motorsport rutschte die Firma Ende der 1970er Jahre in die Krise. Wenig später wurde die Produktion eingestellt.
Die Familie Castiglioni übernahm die Marke in den Neunzigern. Nach einem kurzen Intermezzo unter dem Dach des US-Motorradriesen Harley-Davidson holte die Castiglioni-Gruppe MV Agusta nach Italien zurück. Nun könnte laut "Süddeutscher Zeitung" Daimler einsteigen. An der Spitze des Unternehmens steht Giovanni Castiglioni, der die Leitung von seinem 2011 gestorbenen Vater Claudio übernommen hat.