Autopflege im Winter Lackpflege sorgt für geschmeidige Autohaut

Münster/Bremen · Tiere bekommen ein dickes Fell, Menschen schützen sich im Winter mit Mütze und Mantel - nur die Autohaut wird oft vernachlässigt. Die Folgen sind Lackschäden und Rost. Dabei ist die richtige Lackpflege im Prinzip gar nicht so schwer.

 Im Winter ist der Autolack besonderen Strapazen ausgesetzt.

Im Winter ist der Autolack besonderen Strapazen ausgesetzt.

Foto: dpa, Andrea Warnecke

Obwohl Autolack nur etwa ein Zehntel Millimeter dick ist, was einem menschlichen Haar entspricht, verfügt er grundsätzlich über starke Abwehrkräfte. Moderne Autolacke seien so konzipiert, dass sie im Winter Einflüssen wie Kälte und Streusalz gut standhalten, sagt Ralf Robert vom Lackhersteller BASF Coatings. "Vor mechanischen Beanspruchungen wie Steinschlag durch aufgewirbelten Split gibt es allerdings keinen hundertprozentigen Schutz." Werden Steinchen gegen den Lack geschleudert, können feine Risse entstehen, die bis aufs Blech reichen. Die Folge ist Korrosion, die durch Streusalz beschleunigt wird.

Von zu häufigen Fahrten in die Waschanlage wird abgeraten

"Salz und Salzwasser dringen bis in die entlegensten Ecken vor". Der Lack sollte daher im Winter möglichst oft mit viel sauberem Wasser vom Salz befreit werden", empfiehlt Sascha Pfeffer vom Lackhersteller Standox. Gerade nach längeren Fahrten in salzhaltigem Spritzwasser, etwa auf Autobahnen, sollte mit der Frischwasserdusche nicht zu lange gewartet werden, die Autos am besten in einer Waschbox bekommen. Von zu häufigen Fahrten in die Waschanlage rät Pfeffer ab. "Dort werden Reinigungsprozesse, die bei einer gründlichen Handwäsche durchaus ein bis zwei Stunden dauern, in acht Minuten durchgeführt." Die Bürsten und eingesetzten Chemikalien seien "eine echte Herausforderung für den Autolack".

Trocknet Streusalz auf dem Lack an, bildet es eine weißmilchige Schicht. Sie besteht aus winzigen Salzkristallen, die der Autohaut wie Schmirgelpapier zusetzen können, wenn der Wagen ohne gründliche Vorwäsche in die Waschanlage gefahren wird. Oder wenn Autofahrer versuchen, die weiße Schicht mit einem Handfeger zu entfernen.

Guten Schutz im Winter bietet eine Politur mit anschließender Versiegelung. Wer das im Herbst versäumt hat, kann es nach einer gründlichen Wäsche an Tagen mit milden Außentemperaturen oder in einer Garage nachholen. "Die Politur frischt den Lack auf, indem kleine Kratzer und Oberflächenstörungen entfernt werden", erklärt Pfeffer. Eine Wachsversiegelung weist Schmutzpartikel und Wasser ab. Diese Schutzschicht nutzt sich allerdings mit der Zeit ab, was laut BASF-Experte Robert am nachlassenden Perleffekt erkennbar ist. Normale Autowachse hielten rund vier Wochen, Premium-Wachse etwa doppelt so lange.

Einige Besonderheiten sind bei der Pflege mattlackierter Autos zu beachten. Das Waschen mit reichlich klarem Wasser bietet auch bei Mattlacken den wirksamsten Schutz vor Rost durch Salzrückstände - alle Polier- und Wachstipps gelten allerdings nicht. "Mattlacke sind im Prinzip an der Oberfläche rau. Werden sie poliert und gewachst, beginnen auch sie zu glänzen", erklärt Volkmar Stenzel vom Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM). Unter dem Mikroskop sieht ein Mattlack aus wie eine leicht hügelige Landschaft. Statt das Licht im gleichen Winkel zu reflektieren, wird es gebrochen. Dadurch entsteht der Matt-Effekt. Politur und Wachs ebnen die Hügellandschaft und erzeugen Glanz.

Mattlakierte Autos brauchen besondere Pflege

Die Pflege von Mattlacken ist unter Experten der Lackindustrie ein viel diskutiertes Thema. "Man sollte mit Mattlack nur in eine Waschanlage fahren, wenn diese mit textilen Lappen und nicht mit Nylonbürsten arbeitet", rät Pfeffer. Auch dann bleibt ein Restrisiko. Denn jeder starke mechanische Einfluss, sogar eine zu druckvolle Handwäsche, könne zu irreparablen Veränderungen im Lackbild führen.

"Bei einem Glanzlack können Sie einen Lackfehler problemlos ausbessern, bei einem Mattlack ist das fast unmöglich", nennt Pfeffer ein weiteres Problem. Durch die unebene Oberfläche sei später immer sichtbar, wo nachgebessert wurde. Einen Vorteil aber haben Mattlacke: "Verschmutzungen fallen nicht so auf, und auch kleine Kratzer sind kaum zu sehen", sagt BASF-Mitarbeiter Robert. Ob ein mattlackiertes Auto in die Waschanlage dürfe oder nicht, dazu gebe es in der Regel Vorgaben vom Fahrzeug- oder Lackhersteller.

Ob glänzend oder matt: Autolacke sind meist in vier Schichten aufgebaut. Eine Tauchlackierung schützt vor Korrosion, danach folgt die Füllschicht, mit der Unebenheiten ausgeglichen werden. "Der Basislack sorgt als dritte Schicht für die Farbgebung", erklärt Roberts. Der abschließende Klarlack diene als Schutzschild und Versiegelung. "In der Klarlackschicht entsteht auch der Matteffekt, unter anderem durch die Zugabe von ganz feinem Sand."

Seit gut zehn Jahren verfügen immer mehr Klarlacke über den sogenannten Reflow-Effekt. "Diese Lacke sind trotz ihrer Festigkeit besonders elastisch. Kleinere oberflächliche Kratzer verschließen sich mit der Zeit von selbst", erläutert Forscher Stenzel. Erreicht werde dies durch unterschiedliche Bindemittel. Daneben bringe die Industrie immer wieder neue Harze auf den Markt, die Lackoberflächen effektiv vor Winterdreck und anderen schädlichen Einflüssen schützen. Ein Pflegemittel für Mattlacke ist hingegen noch nicht in Sicht.

(dpa)
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