Eröffnung der IAA Merkel: Autoindustrie soll Flüchtlinge einstellen

Frankfurt/Main · Während die Arbeitsagentur vor zu hohen Erwartungen bezüglich der Integration der Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt warnt, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die deutsche Automobilindustrie aufgefordert, Flüchtlingen berufliche Chancen anzubieten.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel hält bei der Eröffnung der IAA in Frankfurt am Stand des Autoherstellers Opel ein Miniaturmodell des neuen Astra in den Händen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält bei der Eröffnung der IAA in Frankfurt am Stand des Autoherstellers Opel ein Miniaturmodell des neuen Astra in den Händen.

Foto: dpa, ua fdt

Nach der unmittelbaren Aufnahme sei die Integration tausender Menschen eine anspruchsvolle Aufgabe, erklärte die CDU-Politikerin am Donnerstag auf der Eröffnungsfeier der Automesse IAA in Frankfurt. Es werde aber auch schon viel gemacht, wofür sie sich herzlich bedanke.

Merkel zeigte sich offen für die Möglichkeiten des automatisierten Fahrens - ein Hauptthema der Messe, die Merkel noch auf einem Rundgang besichtigen wollte. Sichere Datenübertragung, Datenschutz und standardisierte Schnittstellen seien wichtige Themen.

Eine starke und innovative Automobilindustrie sei wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands und Europas. Dem Branchenverband VDA sagte die Kanzlerin weiteres Engagement für Freihandelsabkommen mit Kanada, den USA, Indien und Japan zu.

Weise: Flüchtlinge haben oft nicht richtige Vorrausetzungen

Derweil warnt der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, vor zu hohen Erwartungen an eine schnelle Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Viele Neuankömmlinge verfügten nicht über die notwendigen Sprachkenntnisse, sprächen nicht gut Deutsch und höchstens rudimentär Englisch oder Französisch, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag. Anderen mangele es an der nötigen Qualifikation.

Weise hält demnach an der Prognose von knapp 2,8 Millionen Arbeitslosen für 2015 fest. Eine Vermittlung der bisherigen Neuankömmlinge in Arbeit sei machbar. "Die Größenordnungen, die da sind, schaffen wir", sagte Weise, doch "die große Herausforderung werden die Menschen sein, die noch kommen werden". Die Ankunft von Hunderttausenden sei "zunächst einmal eine Belastung für den Arbeitsmarkt".

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Foto: Hersteller

Die BA gehe momentan davon aus, dass zwischen 15 und 25 Prozent der Flüchtlinge einen Hochschulabschluss besitzen, aber mehr als die Hälfte keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, berichtete die Zeitung. Dafür seien 80 Prozent von ihnen jünger als 35 - ein Pluspunkt bei der Jobsuche.

Weise lobte die klare Positionierung von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen, möglichst viele Asylbewerber in Beschäftigung bringen zu wollen. "Die Arbeitgeber geben ein gutes Bild ab", sagte er der Zeitung. Zu Forderungen nach Ausnahmen vom Mindestlohn sagte Weise, bei Langzeitarbeitslosigkeit bestehe ohnehin schon die Möglichkeit von Abweichungen. "Unsere Aufgabe ist es aber, diese Menschen zu befähigen, dass sie mindestens 8,50 Euro in der Stunde verdient haben."

Koalition streitet über Kosten

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Foto: dpa, fz ah

Unterdessen bahnt sich in der Koalition ein Streit über die Finanzierung zusätzlicher Bundeshilfen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise an. Der Chefhaushälter der Unions-Fraktion, Eckhardt Rehberg, warf der SPD am Donnerstag vor, die "schwarze Null" im Bundes-Etat über Bord werfen zu wollen: "Offenbar wird schon durch die Generalsekretärin der SPD das Feld für neue 'Schuldenhaushalte' des Bundes bereitet."

Hintergrund ist die Kritik von Yasmin Fahimi an geplanten Einsparungen von 500 Millionen Euro im Bundeshaushalt des kommenden Jahres wegen der Flüchtlingskrise. Natürlich müsse Bundesfinanzminister Schäuble auch in einer Ausnahmesituation wie dieser die Ausgaben des Bundes im Blick behalten, sagte Rehberg: "Haushalte ohne neue Schulden sind kein Selbstzweck, sondern eine Frage der Generationengerechtigkeit." Es gelte, die Flüchtlingskrise gemeinsam zu meistern: "Verbales Störfeuer der Generalsekretärin ist da eher hinderlich."

Bisher plant die Koalition, in allen Jahren bis 2019 auf neue Schulden im Bundeshaushalt zu verzichten. Der Zustrom von mindestens 800.000 Flüchtlingen in diesem Jahr setzt allerdings die öffentlichen Haushalte erheblich unter Druck. In Schäubles Ministerium wird deshalb erwogen, im Etat 2016 eine Globale Minderausgabe zu verankern, die die Ministerien zwingen würde, insgesamt 500 Millionen Euro einzusparen. Bisher will der Bund 2016 sechs Milliarden Euro zur Bewältigung der Flüchtlingskrise bereitstellen, dafür die Hälfte für die Länder und Kommunen. Fahimi hatte "Spiegel Online" gesagt, die Haushaltskürzung sei das falsche Signal in der aktuellen Lage: "Wir stehen vor einer historischen Herausforderung, der wir nicht mit buchhalterischer Erbsenzählerei gerecht werden." Sie halte es für politisch unklug und fahrlässig, "jetzt mit der Flüchtlingssituation zu argumentieren, um Einsparungen im Haushalt zu Lasten von Familien zu rechtfertigen".

(dpa/REU)
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