Modell kommt 2017 nach Deutschland Erste Fahrt im neuen Toyota Prius Plug-in-Hybrid

Los Angeles · Sie bauen zwar mehr Hybride als die meisten Konkurrenten zusammen. Aber mit einer ernsthaften Elektrifizierung hat Toyota bislang gefremdelt. Das wollen die Japaner endlich ändern und machen jetzt mit einem neuen Prius-Plug-In den Anfang.

Toyota Prius Plug-in Hybrid - eine erste Probefahrt
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Toyota Prius Plug-in Hybrid - eine erste Probefahrt

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Foto: Toyota

Die Revolution frisst ihre Kinder. Denn nachdem der Toyota Prius den Hybridantrieb zum Massenphänomen gemacht hat, wird er jetzt reihenweise von seinen Nachahmern überholt.

Denn angestachelt von immer strengeren CO2-Vorgaben und einer elektrischen Euphorie überspringen die meisten Hersteller diese Entwicklungsstufe und preschen mit Plug-In-Modellen oder reinen Akku-Autos am grünen Weltmeister vorbei.

Der rühmt sich zwar mit der vierten Generation wahrscheinlich zurecht des effizientesten und ambitioniertesten Hybridantriebs der Welt und prahlt mit einem Normverbrauch von 3,0 Litern — hat aber trotzdem das Nachsehen.

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Foto: Opel

Das hat jetzt offenbar auch Toyota begriffen und zaghaft die Strategie korrigiert: Wenn die Japaner ihren CO2-Champion im zweiten Quartal für einen Aufpreis von etwa 6500 Euro auch wieder mit Steckdosen-Anschluss in den Handel bringen, ist das deshalb keine lustlose Pflichtübung mehr. Mit einem deutlich verbesserten Akku, mehr Reichweite und sehr viel alltagstauglicheren Fahrleistungen wird der Plug-In-Prius zu einer ernsthaften Alternative für die Öko-Bewegung.

Dafür haben die Japaner den Wagen nicht nur gegenüber dem Vorgänger, sondern auch gegenüber dem konventionellen Prius der neuesten Generation gründlich modifiziert — natürlich vor allem beim Akku. Statt eines mickrigen 1,31 kWh großen Nickel-Metall-Hybrid-Blocks bauen sie jetzt Lithium-Ionen-Zellen mit zusammen 8,8 kWh ins Heck. Das kostet zwar ein paar Liter Kofferraum und sorgt für eine unansehnliche kleine Stufe im Ladeboden.

Doch wo der normale Prius nur ein, zwei Kilometer stromern kann und für den letzten Plug-in mit 5,2 kWh bei höchstens 20 Kilometern Schluss war, schreibt Toyota jetzt eine Reichweite von 50 Kilometern ins Datenblatt.

Und weil die beiden E-Motoren auf eine Leistung von 72 PS kommen und es Toyota ernst meint mit dem elektrischen Fahren, haben die Entwickler den EV-Mode zum Standard gemacht und anders programmiert als früher: Durfte man bislang allenfalls mit dem kleinen Zeh Gas geben, wenn man nicht den Verbrenner wecken wollte, erlaubt die Elektronik jetzt auch einen elektrischen Kavalierstart und lässt den Stromer seinen Job danach bis 135 km/h statt früher nur bis 85 km/h alleine machen.

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Foto: VW

Das hat gleich drei Vorteile: Man ist tatsächlich länger und öfter elektrisch unterwegs und fühlt sich deshalb mindestens so gut wie in einem Nissan Leaf oder in einem Renault Zoe. Man muss nicht so oft das Knurren und Knattern des asthmatischen Knauser-Benziners mit seinen 1,8 Litern Hubraum und 98 PS hören.

Und vor allem sägt die stufenlose Automatik nicht mehr so energisch an den Nerven, weil der E-Motor wunderbar spontan und sämig beschleunigt, statt die Geduld mit endlosem Georgel auf die Probe zu stellen.

So ganz unnütz ist der Verbrenner natürlich trotzdem nicht. Immerhin hievt er die Systemleistung auf 122 PS und ermöglicht ein Spitzentempo, das auf dem Niveau des normalen Prius bei 180 km/h liegen wird.

Und natürlich garantiert er den nötigen Aktionsradius: Während der Akku nach 50 Kilometern für bis zu 2,3 Stunden an die Steckdose muss, kann man mit den 42 Litern Sprit schier endlos weiterfahren und kommt so zum ersten Mal im Prius auf einen Reichweite von mehr als 1000 Kilometern.

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Foto: Hersteller

Aber der Prius Plug-In fährt nicht nur besser als das konventionelle Modell — er sieht auch besser aus. Zumindest innen. Denn wo es Standard-Prius nur für einen kleinen Touchscreen im zur Mitte gerückten Cockpit reicht, haben die Japaner ihrem ersten auf halbwegs große Stückzahlen ausgelegten Stromer gleich ein großes riesiges Tablet in die Mittelkonsole geschraubt, das mit seiner vertikalen Ausrichtung und den kunterbunten Grafiken einen Hauch von Tesla-Feeling aufkommen lässt.

Und damit man dem Plug-In-Modell seine Sonderstellung innerhalb der Prius-Familie auch von außen ansieht, blinzelt er aus markanten LED-Scheinwerfern und erlaubt sich für Rückscheibe und Heckspoiler eine eigenwillige Welle, die allerdings weniger futuristisch als verstörend aussieht. Vielleicht hätten die Ingenieure doch warten sollen, bis die Designer aus dem Urlaub zurück waren.

Bis zu 50 Kilometer ohne Verbrenner, endlich auch mal elektrisch ordentlich Gas geben, ohne dass gleich der Vierzylinder losknattert und sogar auf der Autobahn noch lautlos dahin surren — in der zweiten Auflage ist aus dem Prius Plug-In tatsächlich ein vernünftiger Teilzeitstromer geworden.

Und wäre da nicht der eklatante Preisunterschied von gut 20 Prozent, es wäre wahrscheinlich sogar der bessere Prius. Doch Toyota ist damit noch nicht zufrieden.

Nachdem die Japaner jahrelang mit dem reinen Akkuantrieb gefremdelt haben, sind sie jetzt wie elektrisiert und versprechen für das Ende des Jahrzehnts ihr erstes reines Elektroauto — mit noch größerem Akku und ganz ohne konventionellen Motor.

(SP-X)
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