Bochum "Wunschkinder" - großes Theater in Bochum

Bochum · Diese Zusammenarbeit bleibt von Erfolg gekrönt: Anselm Weber, Intendant des Bochumer Schauspielhauses, hat erneut einen Stoff des Autorenteams Lutz Hübner und Sarah Nemitz zur Uraufführung gebracht und für eine umjubelte Premiere in den Kammerspielen gesorgt: "Wunschkinder" ist großes Schauspieler-Theater. Die Darsteller brillieren, indem sie "echte Alltags-Menschen" spielen und so ein Identifikationsangebot machen, das die Zuschauer begeistert annehmen.

Da räkelt sich Damir Avdic als Marc vor dem Laptop und vertut seine Monate nach dem Abitur. Studium, Job, Ausbildung? Kein Bock. Es dauert, bis er und seine bürgerlichen Eltern sich aus dem Status von Stereotypen herausarbeiten. Marcs Liebe zu Selma, einem zielstrebigen Arbeiterkind, das zwei Jobs macht und abends das Abitur nachholt, wirft endlich alles durcheinander. Erst recht, als sie schwanger wird.

Da wird dann deutlich, was das blassgraue Bühnenbild von Lydia Merkel ist: Eine Arena, in der Menschen um ihre Selbstbestimmung kämpfen - in einer Gesellschaft, die längst nicht so durchlässig ist, wie ihre Mitglieder es glauben würden. Anselm Weber inszeniert diesen Kampf, ähnlich wie er das schon in "Kabale und Liebe" getan hat: als eine Verteidigung von Räumen. Da geht es zu Herzen, wie Maja Beckmann als psychisch angeschlagene Mutter Selmas versucht, sich Marcs Eltern vom Leib zu halten. Die steigern sich durch die Nachricht der Schwangerschaft in einen regelrechten Fürsorgewahn. Katharina Linder läuft zu Hochform auf, wenn sie eine unbändige Wut nach oben schnellen lässt und Selma anschreit. Das Problem soll einfach nur weggehen aus ihrem Haus - und bloß nicht ihren Plan durcheinanderbringen, der natürlich eine akademisch-bürgerliche Zukunft für Marc vorsieht. Nicht nur dafür gab es riesigen Applaus - mit Standing Ovations für das publikumsnahe Autoren-Duo.

Info weitere Aufführungen am 5., 12., 27. und 30. Juni, Kartentel. 0234 3333-5555

(RP)
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