Frankfurt Warum es Nobelpreisträger Bob Dylan gar nicht gibt

Frankfurt · Für einen kurzen Augenblick wähnten wir uns der Sensation sehr nah. Denn was sollten die beiden auffällig unauffälligen Sicherheitsleute anderes bedeuten, als dass er wirklich nach Frankfurt gekommen ist? Der Personenschutz am Verlagsstand aber galt dem verfolgten türkischen Publizisten Can Dündar, nicht dem neuen Literaturnobelpreisträger Bob Dylan.

Warum es Literatur-Nobelpreisträger 2016 Bob Dylan gar nicht gibt
Foto: ap

Also ist er weiterhin das Gespenst der Buchmesse. Niemand hat etwas von ihm gehört, und wie verlautete, soll nicht einmal das Nobelpreis-Komitee es bisher geschafft haben, ihn an die Strippe zu bekommen. Dazu passt dann auch, dass der Sänger auf seiner aktuellen USA-Tour noch kein Sterbenswörtchen zur hohen Ehrung sagte.

Nun ist die weltgrößte Buchmesse immer auch ein Laufsteg für den neuen Nobelpreisträger und zudem ein mordsmäßiges Geschäft für den jeweiligen Verleger. Diesmal nicht: So hat Kiepenheuer & Witsch seine Taschenbuchrechte an den "Chronicles" erst vor zwei Monaten an Hoffmann & Campe zurückgegeben. Aber auch der Hamburger Traditionsverlag hat Pech. Ausgerechnet jetzt ist "Lyrics" - der mächtige Band mit Dylans Liedtexten von 1962 bis 2001 - in Revision. Er wird mit neuen Liedern um 100 Seiten erweitert. Geplant war die Neuausgabe für 2017. Jetzt hat der deutsche Übersetzer Gisbert Haefs praktisch Hausarrest bekommen, damit das Werk zum Weihnachtsgeschäft da ist. Bis dahin macht man gute Miene zum betrüblichen Spiel. Eine kleine Wand am Verlagsstand ist dem Preisträger gewidmet, davor hängt ein Plakat mit Dylans Kopf. Gefeiert wird trotzdem ein bisschen. Gestern gab's einen Empfang am Stand und dazu ein paar seiner Songs im Hintergrund. Und was, wenn es Dylan gar nicht gibt? Wäre er nur eine Fiktion, würde ihn das in den Rang einer literarischen Figur heben und ihn damit zum authentischsten Preisträger aller Zeiten machen. Aber hat uns Bob Dylan das nicht schon längst selbst in seinen Liedern verraten? "It aint me, Babe".

(los)
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