Wagenknecht will die Welt vor dem Kapitalismus retten

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, gehört zu den prominentesten Marxisten in Deutschland. Das ist nicht ehrenrührig. Das marxistische Denken befähigt die Autorin immerhin, ein klares Bekenntnis darüber zu schreiben, dass der Kapitalismus in seiner gegenwärtigen globalisierten Form nicht das angemessene Wirtschaftssystem einer humanitären Gesellschaft ist.

Das überrascht nicht. Denn eine echte Marxistin kann gar nicht zu einem anderen Schluss kommen. Doch anders als ihr großer Ideengeber Karl Marx will Wagenknecht das Eigentum nicht direkt vergemeinschaften oder vergesellschaften, sondern empfiehlt neue Eigentumsformen wie die Mitarbeitergesellschaft, die öffentliche Gesellschaft und die Gemeinwohlgesellschaft.

Davor führt sie mit flotter Schreibe viele Beispiele an, warum der Kapitalismus nur die Vermögen einiger Reicher ständig vermehrt, während die Einkünfte der Armen und der Mittelschicht bestenfalls stagnieren. Leider bleibt sie anders als der zweite große Kritiker des Kapitalismus, Thomas Piketty, mit ihrer Abrechnung des globalen Wirtschaftssystems im Anekdotischen stecken. Da werden Bill Gates und die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt bemüht, statt umfangreiches statistisches Material über wachsende Ungleichheit zu präsentieren. Die Klage über steigende Renditen arbeitsloser Vermögen ist sogar unmarxistisch. Denn der Autor des "Kapitals" ging vom Gesetz der fallenden Profitrate aus - ein Ergebnis der Überakkumulation des Kapitals bei konstanter Ausbeutungsrate.

In ihrer Schlussfolgerung verlässt die Autorin vollends den marxistischen Kontext und empfiehlt scheinbar marktwirtschaftliche Alternativen zur anonymen Kapitalgesellschaft (AG und GmbH), weil die den Menschen eher entgegenkommen. Dabei vergleicht sie ein Idealbild dieser Gesellschaften mit einem Zerrbild der kapitalistischen Unternehmen. Den Fortschritt, den die großen Kapitalgesellschaften der Menschheit gebracht haben, blendet sie völlig aus. Wer also den Blick auf den Kapitalismus gern einseitig mag, der ist mit diesem Buch gut bedient. Die anderen lernen die Denkweise einer prominenten Linken-Politikerin kennen.

Sahra Wagenknecht: Kapitalismus ohne Gier. Campus, 292 S., 19,95 Euro

(kes)
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