Duisburg Trolliges Treiben mit viel Herz

Duisburg · Familienoper "Die Schneekönigin" wurde in Duisburg uraufgeführt.

Die Märchen des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen bringen auch Erwachsenen Gewinn. Das bestätigt erneut eine Oper, die der Berliner Komponist Marius Felix Lange (47) als Auftragswerk der Deutschen Oper am Rhein und der Theater Dortmund und Bonn schrieb. Auch das poetisch aufgedonnerte, in rhythmischer Prosa oder Reimversen gefasste Libretto der "Schneekönigin" hat der Filmmusiker ("Wilsberg") selbst frei nach Andersen ausgearbeitet.

Wie bei der Uraufführung im Duisburger Haus der Rheinoper zu erleben war, hat Lange bei der "Schneekönigin" alle Register seiner Kunst gezogen, um gezielt mit abwechslungsreicher, stets situationsbezogener Klangmalerei auch bei Zuhörern im Grundschulalter die Gefahr von Langeweile zu bannen. Bläser und Streicher fiepen ein schrilles Lachen, wenn der Oberste der Teufel, der Deubeltroll (David Jerusalem), von einem "erbärmlichen Witz" spricht. "Nichts ist gut, nichts ist schön" hat er den Kindern als Botschaft mitgebracht. Doch sein in Millionen Stücke zerberstender Zauberspiegel, dessen Splitter die Herzen der Menschen zu gefühllosen Eisklumpen gefrieren und an die Stelle von Menschlichkeit kühlen Verstand treten lassen, soll nicht die Macht behalten. Hingebungsvolle Liebe der jungen Gerda (Heidi E. Meier) befreit ihren Spielgefährten Kay, der von der strahlend schönen, aber eiskalten Schneekönigin zum Nordpol entführt wird, am Ende aus deren Machtbereich. Adela Zaharias weit ausschwingende Vokalisen werden vom Komponisten in einer Zwölfton-Folge geordnet, das schmälert die Schönheit der Partie der koloratursicheren Sopranistin in der Titelrolle nicht im Geringsten. Ein wenig spröde, vernunftverblendet eben, nehmen sich dagegen die Formeln aus, mit denen Dmitri Vargin seinem Kay solide baritonale Bodenhaftung verordnet.

Marius Langes Partitur oszilliert geschickt zwischen filmischem Glamour, an Alban Bergs "Lulu" und "Wozzeck" geschulter Führung der Gesangslinien und plakativer Situationsschilderung. Viel Harfe, Glockenspiel, Streichergezwitscher und Paukengedonner markieren die szenischen Abläufe, die dank zweier putziger Trolle (Annika Boos, Conny Thimander) slapstickverdächtige Komik freisetzen. Die Duisburger Philharmoniker und der Chor agieren mit Herzblut unter der ambitionierten Leitung Lukas Beikirchers - egal, ob Schneeflocken treiben, eine Räuberhöhle von der Unterbühne hochgefahren wird oder Gerda auf einer Blumeninsel landet. Caspar David Friedrich hätte dies nicht idyllischer schildern können als Ausstatterin Tatjana Ivschina. Und die humoristischen Regie-Einfälle von Johannes Schmid bewahren davor, dass der pädagogische Zeigefinger allzu sehr zum Einsatz kommt.

(ri-)
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