Neues Album "Spumante" Cleverer Hochglanz-Pop von Stabil Elite

Düsseldorf · Die Düsseldorfer Band kennt den Unterschied zwischen Style und Stil. Ihr neues Album "Spumante" feiert die Ästhetik der 80er Jahre.

 Das Coverfoto für das neue Album von Stabil Elite hat der Künstler Klaus Mettig im Schmela Haus der Kunstsammlung NRW in der Altstadt aufgenommen.

Das Coverfoto für das neue Album von Stabil Elite hat der Künstler Klaus Mettig im Schmela Haus der Kunstsammlung NRW in der Altstadt aufgenommen.

Foto: Klaus Mettig

Und dann hört man diese Platte, und man stellt sich vor, wie es wäre, wenn der Regisseur Paul Schrader seinen Film "American Gigolo" nicht 1980 in Los Angeles, sondern jetzt gerade in Düsseldorf gedreht hätte.

Wie dann also der komplett von Armani ausgestattete Richard Gere in seinem schwarzen Mercedes-Cabriolet mit der endlos langen Motorhaube auf der Oberkasseler Brücke stadteinwärts fahren würde und dazu statt "Call Me" von Blondie das Lied "Tief im Westen" von Stabil Elite gespielt wird: "Dort, wo der Hochmut wohnt / Tief im Westen / Ich geb mein letztes Hemd / Gib mir dein Bestes".

Man hat ständig solche Bilder im Kopf, wenn man "Spumante" auflegt, das neue Album der Düsseldorfer Band Stabil Elite. Der Titel ist gut gewählt, weil man von dieser Musik ganz schicker wird, wie man so sagt, man hört champagnerfarbene Kohlensäurebläschen platzen und möchte sofort anfangen, Modefotografie zu studieren. Der Sound ist eindeutig 80er Jahre, "Tief im Westen" erinnert zu Beginn sogar ein wenig an "I Just Called To Say I Love You" von Stevie Wonder.

Das ist saxophonselige Popmusik, die man an Deck seiner Lieblings-Yacht spielt, das ist die Synthesizer-Seligkeit von Bands wie ABC, die Lässigkeit der späten Steely Dan und Roxy Music, und überhaupt sind die Stabil-Elite-Jungs so etwas wie die nordrhein-westfälischen Erben Bryan Ferrys.

Nikolai Szymanski singt im Titelsong "Spumante" Zeilen wie diese: "Kühle Seide am Morgen / Was Du brauchst, ist ein Schluck", und in "Alles wird gut" heißt es: "Am Ende war es das wert / Was sind schon 1000 Tage für einen vollen Zug / Alles wird gut". Das Quintett beweist, dass man an Düsseldorfer Gymnasien etwas fürs Leben lernt: den feinen Unterschied zwischen Style und Stil.

Stabil Elite sind wie die musikalische Hoffnung der Stadt, unser Exportschlager. Sie wurden vom Goethe-Institut in alle Welt geschickt, um hiesige Musiktradition vorzuführen. Vier Jahre haben sie verstreichen lassen seit dem Debüt "Douze Pouze".

Zwischendurch haben einzelne Mitglieder ihr Studium begonnen, Lucas Croon veröffentlichte mit Christina Irrgang eine schöne Platte unter dem Projektnamen Bar (Band am Rhein), und vor zwei Jahren haben Stabil Elite ein fertiges Album verworfen, weil es ihnen nicht mehr gefiel. "Wir wollten immer Popmusik schreiben", sagt Lucas Croon, "und vielleicht konnten wir es bei der ersten Platte noch nicht so gut."

Das ist natürlich Koketterie, die erste Platte war ja schon gelungen, diese ist nun aber konsequenter, einheitlicher gestimmt. Es wird Leute geben, die sich erst einhören müssen, die sich womöglich daran stoßen, dass in ihren Augen die Oberflächen allzu glänzend poliert wurden. Aber der Eindruck täuscht.

"Spumante" ist ein cleveres, großartig arrangiertes und detailverliebt produziertes Konzeptalbum zum Thema Ästhetik, und es geht in die Tiefe, man höre nur "Jugend ohne Gott", das todtraurige "4D" oder "Tief im Westen", das eine zweite Ebene hat, eine durchaus politische: "Ich geb mein letztes Hemd / Hoch auf dem Schuldenberg / Erklimme mein Schicksal mit mir".

Der große Moment dieser Platte wird indes noch kommen, das wird im Sommerurlaub sein, wenn man vom Strand in die Ferienwohnung heimkehrt, wenn man von der Hitze ein bisschen weich ist im Kopf und nach Sonnencreme riecht und Wassereis. Dann muss man die Platte hören. "Wollen wir uns in der Ferne verlieren?", fragen Stabil Elite. Will man ganz gerne.

"Spumante" für alle.

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