Begegnung "Sie hat mich umgehauen"

Mein vor eineinhalb Jahren verstorbener Vater war als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Medikamentenhilfswerkes Action Medeor aus Tönisvorst einig Male in Indien. Dort begegnete er Mutter Teresa und "schwärmte" zurück zu Hause von dieser kleinen Frau, die sich aufopferungsvoll um die Kranken, Obdachlosen und Sterbenden in der Millionenmetropole Kalkutta kümmerte. Unzählige Fotos, die mein Vater für Action Medeor gemacht hatte, wurden zu Zause bestaunt. Das Handeln der Ordensfrau fand ich als Jugendliche toll, die Bilder von den Kranken abstoßend. Aber so gefesselt von der Missionarin der Nächstenliebe wie mein Vater es war, war ich nicht. Bis zu dem Tag im August 1976 als ich, damals 15 Jahre alt, ihr in Lippstadt gegenüberstand. So klein ist die, dachte ich und bin mit 1,64 m nun wahrlich kein Riese. Ihre kleinen Augen funkelten zwischen der runzeligen, dunklen Haut, das Ornat war strahlend weiß mit dem feinen blauen Streifen. Die Hände hatte sie zum Namaste-Gruß vor der Brust aneinandergelegt und lächelte mich freundlich an. Ich blieb stumm, versteinert vor ihr stehen, und sie segnete mich. Dann verschwand sie in der Menge, mein Vater machte Fotos, meine Mutter schimpfte, dass ich nicht einmal "guten Tag" gesagt hatte. Diese kleine, bescheidene Frau hatte mich umgehauen. Danach verfolgte ich ihr Leben und Tun umso intensiver, trug meinen Sari daheim genauso gebunden wie sie. Den Tod von Prinzessin Diana am 31. August 1997 bedauerte ich, aber der Tod von Mutter Teresa im Alter von 87 Jahren nur ein paar Tage später am 5. September erschütterte mich. Ich hatte sie kennenlernen dürfen und fühlte mich so eng mit ihr verbunden, ich war unendlich traurig. Wenn Mutter Teresa am Sonntag heilig gesprochen wird, werde ich auf dem Petersplatz in Rom dabei sein und für sie und meinen Vater beten.

Margit Leuchtenberg

(RP)
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