Düsseldorf Raubkunst: Streit um abgesagte Bilderschau

Düsseldorf · Die Stadt Düsseldorf hat eine Ausstellung mit Bildern des jüdischen Galeristen Max Stern storniert.

Sie sollte ein Gemeinschaftswerk werden, ein Ausdruck der grenzüberschreitenden Dringlichkeit und Notwendigkeit, dass mit sogenannter Raubkunst verantwortungsvoll verfahren wird. Oft bedeutet das Rückgabe, manchmal Verzicht; in jedem Fall bleibt das Thema, dass Kunst in der NS-Zeit in fremden Besitz gelangte, nicht erst seit dem Fall Gurlitt präsent. Doch eine mit großer Gründlichkeit geplante Ausstellung, die an den in jener Zeit verfolgten Galeristen Max Stern (1904-1987) erinnern sollte, ist abgesagt worden. Sie sollte zuerst in Düsseldorfs Stadtmuseum und dann in Kanada und Israel zu sehen sein; die Concordia Universität in Montréal, die dortige Jüdische Gemeinde und Düsseldorfs israelische Partnerstadt Haifa hatten sich an der Planung beteiligt.

Doch jetzt hat die Stadt Düsseldorf die Ausstellung abgesagt, die ab 1. Februar laufen sollte. Eine Sprecherin der Stadt nannte als Grund "Auskunfts- und Restitutionsgesuche in deutschen Museen". Die Forschung schreite rasch voran, man wolle möglichst viele Erkenntnisse sammeln und dann die Frage beantworten, in welcher Form man die Geschichte der Galerie Max Stern aufarbeite. Die Stadt Düsseldorf wolle deswegen zu dem Themenkomplex erst einmal ein Symposium veranstalten.

Die Frage, ob in der Schau auch Werke gezeigt werden sollten, deren Schicksal umstritten ist, verneint die Stadtverwaltung. In der Jüdischen Gemeinde Düsseldorfs gibt es jedoch Stimmen, die von "zwei bis drei Bildern" sprechen, bei denen es um Restitution gehen könnte.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, der Augenarzt Oded Horowitz, warf der Stadtspitze anlässlich des 9. Novembers vor, sie befürchte, dass sie möglicherweise strittige Werke aus eigenen Sammlungen zurückgeben müsste. Gestern hat die Stadt offiziell auf diesen Vorwurf reagiert. "Der Oberbürgermeister ist im ständigen Kontakt mit der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf", sagte eine Sprecherin. Gestern habe es ein Gespräch gegeben, bei dem man "einen zeitnahen, gemeinsamen Termin mit dem Kulturdezernenten, der Provenienzforscherin der Stadt Düsseldorf und dem Stadtmuseum vereinbart hat, auf dem das weitere Vorgehen besprochen werden soll". Stadt und Jüdische Gemeinde hätten ein Interesse daran, die Diskussion "mit hoher Sachlichkeit und Besonnenheit zu führen und die Absage der Ausstellung nicht zum Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzung zu machen".

Tatsächlich wird über den Fall Stern schon seit Jahren diskutiert. Der einst auf der Düsseldorfer Königsallee ansässige Galerist überlebte den Holocaust. In Montréal baute er eine erfolgreiche Galerie auf. Er vermachte sein Vermögen an drei Universitäten, die mit der Max-Stern-Stiftung weltweit nach den Werken aus der Düsseldorfer Galerie suchen, die ab dem Jahr 1937 verloren gingen.

2016 feierte die Stiftung einen Erfolg: Das Düsseldorfer Auktionshaus Richard Grüne gab ein 1837 entstandenes Bild an die Stiftung zurück, die das Erbe des Galeristen verwaltet. Sie sucht weltweit nach den Bildern, die ihm während der NS-Zeit entzogen wurden. Das kleine Bild von Wilhelm Krafft (1808-1850), einem Schüler von Akademierektor Wilhelm von Schadow, geht als Leihgabe an das Stadtmuseum. Es war auch für die jetzt abgesagte Ausstellung vorgesehen.

Vor drei Jahren wurde ein Streit um das Selbstbildnis von Wilhelm von Schadow, das im Stadtmuseum hängt, beigelegt. Die Stadt übergab das Gemälde dem Max Stern Restitution Project, einer kanadisch-israelischen Kooperation dreier Universitäten. In der NS-Zeit war das Bild, das Stern gehörte, versteigert worden, nachdem der Jude Stern Berufsverbot erhalten hatte. Mit der Rückgabe erkannte die Stadt an, dass der Verkauf unter dem Druck der Verfolgung geschah. Das Bild ist aber weiter in Düsseldorf zu sehen: Die Erbengemeinschaft überließ es dem Stadtmuseum als Leihgabe.

(RP)
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