„Kundschafter des Friedens“ "Ocean's Eleven" auf Ostdeutsch

Die Agentenkomödie "Kundschafter des Friedens" schickt Stars des DDR-Kinos auf eine hochamüsante Geheim-Mission.

Früher war Jochen mal Kundschafter des Friedens. Ein Auslandsagent der DDR, und sehr gefragt dazu. Dann verlor Jochen (Henry Hübchen) mit dem Mauerfall fast über Nacht Job, Status und Staat. Jetzt fristet er seine Tage als frustrierter Pensionär hart an der Grenze zur Altersarmut; den Mann bitter zu nennen wäre eine Untertreibung. Aber eines Tages klingeln überraschend die "Amateure" vom BND an der Tür. Der designierte Präsident einer (fiktiven) ehemaligen Sowjetrepublik wurde entführt, mit ihm sein BND-Bewacher Kern (Jürgen Prochnow). Jochen mit seiner plötzlich wieder wertvollen Erfahrung aus dem Kalten Krieg soll die beiden befreien. Er nimmt das Angebot an, auch weil er mit seinem Rivalen Kern noch eine alte Rechnung offen hat. Er akzeptiert sogar die Assistenz der unerfahrenen Nachwuchsagentin Paula (Antje Traue). Aber Jochens Bedingungen haben es in sich. Er fordert, und zwar in dieser Reihenfolge: die Reaktivierung seiner alten Partner Locke (Thomas Thieme) und Harry (Winfried Glatzeder) sowie die Leitung des Teams. Und, da macht er keine Kompromisse, "die volle Westrente".

Wenn Rentner ächzend auf Ischiasmission gehen, um noch mal die Welt zu retten, kommt das beim Publikum an. Weil dabei immer zwei Generationen so wunderbar kollidieren, eine vergessene von früher und die vergessliche von heute. Liebevoll wirft nun die Agentenkomödie "Kundschafter des Friedens" ostdeutsche Siebzigernostalgie mit Ideenklau aus "Ocean's Eleven", "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" und "Space Cowboys" zusammen. Regisseur Robert Thalheim ("Eltern") hat hier sichtlichen Spaß dran, das Reelle mit dem Fantastischen zu vermengen. Und ordentlich Humor mischt er auch unter.

"Ganz ruhig, Jungpionier!", kanzelt der begeisterte Techniktüftler Locke gleich in der ersten Konferenz einen konsternierten jungen BNDler ab. Man lässt es ihm durchgehen, abgesehen von MacGyver kann nun mal keiner nur mit einem Stück Draht und einem Manschettenknopf eine Bombe kontrolliert sprengen wie Locke. "Wir arbeiten analog!", faucht Jochen später, als er Paulas brummenden Computer aus dem Auto wirft. Obwohl man da längst ahnt, dass Jochens archaische Methoden in einer digitalisierten Welt schnell an ihre Grenzen stoßen, haben diese Szenen etwas Komisches. Und, für den Moment, auch etwas Erleichterndes, wer hätte nicht mal gern seinen Laptop aus dem Fenster geschmissen?

"Kundschafter des Friedens" funktioniert blendend als Agentenparodie, die mit Klischees und Stereotypen spielt, und noch ein bisschen besser als Generationenkomödie. Die Gelassenheit des Alters, die Thalheim beschwört, kann man langsam nennen, nostalgisch oder sogar gestrig. Aber es beruhigt unleugbar die Nerven, wie gemütlich hier selbst die zentrale Action abläuft. Ein Kugelschreiber-Peilsender, klassisches Abhören über einen verwanzten Aschenbecher, ein Hubschrauber im Tiefflug und ein klappriger Showdown im Plenum des Bonner Bundestags sind schon die Highlights. Aber darf ja keinen wundern, wenn der Rücken halt nicht mehr so will und bei Verfolgungsjagden schon mal die Bandscheibe rausploppt.

Niemals lassen Hübchen, Prochnow und Thieme dabei ihre Würde fahren, was Thalheims Film vor Plattheiten bewahrt. Sie sind alle viel zu erfahrene Schauspieler mit eigener ost- und westdeutscher Geschichte, um ihre Figuren Altherrenwitzen und greiser Lächerlichkeit preiszugeben. Jochens Bond-geprägte Gang mag in unsere Kino-Epoche ragen wie Relikte einer vergangenen Zeit. Der Witz ist, sie scheinen darüber froh zu sein. Und sie haben diese nette Art, uns an was zu erinnern: Früher war nicht alles besser. Aber sicher unkomplizierter.

(RP)
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