Schlager-Musical in Duisburg Wolfgang Wahnsinn

Düsseldorf · Vor mehr als zehn Jahren verabschiedete sich Wolfgang Petry aus der Öffentlichkeit. Seine Songs kehren nun in einem Musical zurück.

"Wahnsinn" - das Wolfgang Petry-Musical in Duisburg
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Foto: dpa, rwe sab

Es ist wie in seinen alten Songs: Einer macht Schluss, aber die Liebe vergeht nicht. Vor zwölf Jahren jedenfalls gab Deutschlands bis dato größter Schlagersänger bekannt, nicht mehr Deutschlands größter Schlagersänger sein zu wollen. Wolfgang Petry zog sich aus der Öffentlichkeit zurück, keine Fernsehauftritte mehr, keine Stadion-Konzerte. Ab und an brachte er noch ein Best-of-Album heraus und einmal neue Songs - das Album hieß "Brandneu" -, und die Platte landete auf Platz eins der Charts. Diese Lieder machten die Leute verdammt glücklich.

Nun kommt Petry wieder mal zurück, er hat seine Songs für ein Musical freigegeben. Es heißt natürlich "Wahnsinn" und feiert am Sonntag Uraufführung in Duisburg. Ab dem 2. Mai ist es in Berlin zu sehen und anschließend in München. Mehr als 70.000 Tickets wurden für die Abende bereits verkauft. Sie hätten dieses Musical vermutlich genauso gut "Hölle, Hölle, Hölle" nennen können, abgehalten hätte das niemanden.

Wolfgang, Wahnsinn, Phänomen. Man kann, egal wem, seinen Namen zurufen, und derjenige erinnert sich sofort an seinen Schnurrbart und die Frisur, an das Karohemd und die Freundschaftsbänder. Die waren ja der schönste Schwachsinn, den ganzen Unterarm hoch. Dass Wolfgang Petry sie bereits 2002 abgeschnitten hat, interessiert heute niemanden mehr. Das kollektive Gedächtnis ist manchmal erbarmungslos. Vielleicht wusste Petry damals schon, dass die Zeit der großen Heiterkeit längst abgelaufen, die Welt aus den Fugen geraten war. Womöglich wurde es unter den Bändern auch bloß mächtig heiß. Jedenfalls, wer heute an Wolfgang Petry denkt, denkt an das alles, was ihn, so codiert, zweifellos als Person der 1990er ausweist.

Damals war Petry der Größte, obwohl seine Karriere bereits in den 1970ern begonnen hatte. 1992 brachte er "Verlieben, verloren, vergessen, verzeih'n" heraus, '95 "Bronze, Silber und Gold", und im Gelsenkirchener Parkstadion sang er drei Jahre später "Ruhrgebiet". Man muss sich nur mal alte Aufnahmen ansehen, diese seligen Massen, und man weiß, warum der Menschenfischer Petry seine nächste Tournee, die ihn 1999 auch ins Müngersdorfer Stadion führte, "Einfach geil" nannte. Helene Fischer war da gerade 15 Jahre alt.

Gewissermaßen bereitete Petry nachfolgenden Generationen den Boden. Er paarte den Schlager mit der Rockmusik und machte ihn tauglich für die Arenen, die damals noch Stadien hießen. Gewissermaßen setzt Helene Fischers Schlagerpop zugleich den Kontrapunkt. An Stahlseilen übers Rund schwebend Salti schlagen, sah man Petry jedenfalls nie. Ganz im Gegenteil. Er galt als bodenständig. Mit diesem Wort beginnt übrigens der Pressetext über den Sänger, den der Petry-Musical-Veranstalter verbreitet. Nun sollte man darauf nicht allzu viel geben, wer sich besonders ehrlich gibt, ist zuweilen erst recht abgehoben. Wolfgang Petry indes gibt sich seit seinem Rückzug alle Mühe, nicht weiter aufzufallen. Natürlich könnte er jederzeit seine Rückkehr feiern, die Veltins-Arena und das Rheinenergie-Stadion wären im Nu ausverkauft und die Zusatzkonzerte an den Tagen darauf auch. Aber Wolfgang Petrys Anziehungskraft speiste sich eben auch aus dem Moment, aus dem Hier und Jetzt. Nur ist es jetzt später. 20 Jahre nach 1998. Wolfgang Remling weiß das offenbar.

So heißt Wolfgang Petry mit bürgerlichem Namen: Franz Hubert Wolfgang Remling. Er ist 66 Jahre. Er trägt Schirmmütze und Jeans-Hemd. Es gab vier, fünf Bilder von ihm, seit er untergetaucht ist, immer mit der Mütze und dem Jeans-Hemd.

Um ein wenig Werbung für das Musical zu machen, dessen Entstehung er begleitet haben soll, wagte er sich neulich aus der Deckung. Anfang der Woche sprach er mit der Deutschen Presse-Agentur, und auf die Frage, ob er seine Wolfgang-Petry-Zeit vermisse, gab er die diplomatischste Antwort. "Ich vermisse nichts aus dieser Zeit", sagte Remling, "denn jeden Moment, den ich damals erleben durfte, habe ich in meinem Herzen gespeichert, und ich denke gerne an diese Zeit zurück." Mittlerweile hat sich Franz Hubert Wolfgang Remling ohnehin noch einmal neu erfunden, vergangenes Jahr brachte er eine weitere Platte auf den Markt. Er nennt sich nun Pete Wolf. Er hat Wolfgang Petry einfach auf links gezogen. Er singt nun auf Englisch. Pete Wolf spielt Blues and Soul Music, und in dem Videoclip zum Song "Girl Crush" steht er ständig im Halbschatten, mit Schirmmütze und Jeans-Hemd.

Er schätze schlichtweg die Freiheit, "das machen zu können", sagte Remling zur Album-Veröffentlichung. Er muss sich um die Alterssicherung keine Gedanken mehr machen. Die Platte war dann ein gigantischer Flop. Platz 65 in den Charts, für gerade mal eine November-Woche. Das Album heißt übrigens "Happy Man". Der Glückliche.

(kl)
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