Legendärer Big-Band-Leader gestorben James Last brachte uns Lässigkeit bei

Düsseldorf · Im Alter von 86 Jahren starb James Last in seiner Wahlheimat Florida. Er lieferte den Soundtrack der partyseligen BRD und verkaufte 80 Millionen Platten.

Das ist James Last
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James Last: Der Erfinder des Happy Sound

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James Last ist tot, und das ist sehr traurig, denn wir haben ihm viel zu verdanken. Man denke nur an den Beginn seiner Konzerte oder an die Anfangs-Choreografien seiner TV-Auftritte. War das nicht der Inbegriff von Lässigkeit: auf die Bühne gehen, das Publikum anlächeln, bis drei zählen und per Fingerschnipsen ein 40-köpfiges Orchester anleiten? Nur einer konnte das, in Deutschland jedenfalls, einer allein durfte sich mit dem Adelstitel "Bandleader" schmücken, den sonst nur Helden wie Benny Goodman führten: James Last.

Als Hans Last wurde er in Bremen geboren, die Plattenfirma dachte sich den Namen James Last aus - hörte sich besser an, fand man. Er wurde in der Heeresmusikschule in Bückeburg ausgebildet, er war im Grunde ein Klangkünstler, und sein Tod soll der Anlass sein, endlich für Gerechtigkeit zu sorgen. Man möge ihn nämlich bitte nicht mehr unterschätzen, nicht bloß an den blöden Ausdruck "happy sound" denken, wenn man seinen Namen hört, und auch nicht an die schlimmen Verkleidungen auf den Plattenhüllen der 70er Jahre. Wobei da ja tatsächlich fürchterliche Sachen erschienen sind, man google nur mal das Cover von "Käpt'n James bittet zum Tanz" oder "Op Klompen" aus dem Jahr 1969. Darauf ist er in Holzschuhen zu sehen, und das sieht so bescheuert aus, dass man erstmal einen Meter Genever braucht, um sich zu beruhigen.

Last brachte den Deutschen Pop bei

James Last, und das darf man nicht vergessen, hat den Deutschen den Pop beigebracht. Er hat sie mit seinen "Nonstop Dancing"-Platten das Tanzen gelehrt. 17 Alben gab es in dieser Reihe, alle liefen ohne Pause durch. Und damit die eigene Party im selbst ausgebauten Keller des Eigenheims am Wendehammer ein bisschen so klingt wie die im New Yorker Loft, reicherte Last seine Musik mit Gesprächsfetzen, Juchzen und Lachern an. Er war der Katalysator der Ausgelassenheit. Und vielleicht haben die Fotos auf den Hüllen den Käufern sogar gezeigt, wie lässig es sein kann, wenn jemand sich nicht zu schade für Selbstironie ist. In England, wo sie das Prinzip Pop besser verstehen, hat nur Elvis mehr Platten verkauft als James Last — die Beatles und die Stones rangieren hinter dem Deutschen. Exportschlager Last. Bloß in den USA verstanden sie ihn nicht.

Er brachte viele seiner Hörer überhaupt erst mit Stars wie den Rolling Stones in Kontakt. Er spielte ja sogar eine Coverversion von "Satisfaction". Und ist das nicht lustig, dass Millionen dieser Rebellionshymne erstmals über seine Version mit abgeschliffenen Kanten und ohne Widerhaken kennenlernten?

Last pflückte Melodien

Bevor er selbst zum Popstar wurde, richtete Last die "Dreigroschenoper" mit Helmut Qualtinger und Karin Baal ein. Er arrangierte Schlager für Peter Alexander, Caterina Valente — und für Freddy Quinn das Lied "Junge, komm bald wieder". Er machte Soul und Funk, und wer sich verblüffen lassen möchte, sollte das Album "Well Kept Secret" hören, das er in L.A. aufnahm. Das ist Jazz, da hat einer offensichtlich Miles Davis gehört und war fasziniert, und nun wollte er genauso grooven und auch so schwarz klingen. Deshalb holte er sich Musiker von Steely Dan und den Produzenten von "Hang On Sloopy", und das muss so eine tolle Atmosphäre gewesen sein damals, dass selbst Quincy Jones im Studio vorbeischaute und mit den Füßen wippte.

Irgendwann merkte Last, dass er sich nur etwas anzusehen brauchte, eine Landschaft oder eine Frau, die ihm gefiel, und dazu dann automatisch eine Melodie durch seinen Kopf wehte. Er hat jede dieser Melodien eingefangen und auf Platte gepresst. Last pflückte Melodien, und die Ernte war reich. Er wusste, dass man in die Köpfe der Menschen kommen muss, wenn man populär sein will. Last kam hinein. Und: Er bleibt drin.

Vielen Dank für den Unterricht in Lässigkeit, James Last!

(hols)
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