Eurovision Song Contest Salvador Sobral holt furiosen Sieg für Portugal

Kiew · Portugal gewinnt zum ersten Mal den ESC. Salvador Sobral bekam für "Amar Pelos Dois" 758 Punkte. Für Deutschland gab es nur 6 Punkte. Levina: "Ich bin total traurig."

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Portugal hat den Eurovision Song Contest gewonnen. Sänger Salvador Sobral bekam für sein Lied "Amar Pelos Dois" insgesamt 758 Punkte. Seinen Triumph bezeichnete der 27-Jährige als Sieg der Musik.

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Foto: dpa/Martin Meissner

Musiker aus 26 Länder waren am Samstagabend im Finale des Eurovision Song Contest (ESC) aufgetreten. Für Deutschland startete die 26-jährige Levina. Sie meisterte ihren Auftritt souverän. Barfuß, mit dunklem Rock und hellem Oberteil sang sie vor vergleichsweise schlichter Kulisse allein auf der Bühne. Vom Publikum im Saal erhielt sie viel Applaus. Jurys und Zuschauer gaben ihr aber insgesamt nur sechs Punkte. Damit landete Levina auf dem vorletzten Platz.

"Ich bin total traurig", sagte Levina anschließend in der ARD. Sie versuchte, das Ergebnis mit Humor zu nehmen. "Ich bedanke mich bei Irland." Die Jury des Landes hatte ihr drei Punkte gegeben. "Und ich bin nicht letzte geworden." Trotz des Misserfolgs sei der Auftritt beim ESC aber eine "wundervolle Erfahrung" gewesen. In den vergangenen beiden Jahren war Deutschland auf dem letzten Platz gelandet. Ann Sophie hatte 2015 sogar null Punkte erhalten. 2016 bekam Jamie-Lee für ihr Lied "Ghost" immerhin elf Punkte — also ein paar mehr als Levina.

Der deutschen Sängerin Levina waren vorher nur Außenseiterchancen eingeräumt worden. Die Favoriten waren andere: Kristian Kostov aus Bulgarien, auch Portugals Salvador Sobral, vor allem aber Francesco Gabbani aus Italien. Dieser landete am Ende aber nur auf dem sechsten Platz, noch hinter Bulgarien (2), Moldau (3), Belgien (4) und Schweden (5). Salvador Sobral gewann den ESC mit 758 Punkten

ESC 2017: Das ist Kandidat Salvador Sobral für Portugal
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Das ist Portugals Kandidat Salvador Sobral

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Foto: rtr, GG/SZ

Sein Auftritt hatte sich von den meisten anderen deutlich unterschieden. Er verzichtete auf eine spektakuläre Bühnenshow und auch auf Background-Tänzer. Sein Lied "Amar Pelos Dois" sang er auf Portugiesisch (mehr zu Salvador Sobral finden Sie hier). Es war ein ruhiger Titel. "Portugal ist sehr, sehr interessant, weil es eben so anders ist", hatte ARD-Kommentator Peter Urban vor dem ESC-Finale gesagt. Hier sehen Sie ein Youtube-Video von Sobrals Auftritt im ESC-Halbfinale:

Und Levina? "Ich hoffe auf Platz 10 bis 15", hatte Urban vor dem ESC-Finale gesagt. Nach dem Auftritt der 26-Jährigen am Samstagabend lobte der legendäre ESC-Kommentator: "Toll gesungen." Dass es am Ende doch nur der vorletzte Platz wurde, "kann ich nicht verstehen", sagte Urban. "Levina hat das echt nicht verdient. Eine Erklärung habe ich nicht." Auf der deutschen ESC-Party in Hamburg sagte Barbara Schöneberger: "Ich weiß jetzt auch nicht mehr, was wir noch machen sollen."

ESC-Gewinner Salvador Sobral strahlte dagegen über das ganze Gesicht. "Ich wünschte, dass ich Änderungen in die Popmusik einbringen könnte." Er finde es nicht gut, wenn ein Lied zu oft am Tag im Radio gespielt werde, damit die Menschen es liebten. "Ich habe nie ein Lied geschrieben, um im Radio gespielt zu werden."

Offensichtlich überzeugte er die Jurys und auch die Zuschauer am Samstagabend mit seinem schlichten, gefühlvollen Auftritt. Er gewann mit deutlichem Vorsprung. Komponistin seiner Jazz-Ballade "Amar Pelos Dois" war seine Schwester, die den Song zum Schluss der großen Live-Show gemeinsam mit ihrem Bruder sang.

Daneben bot die Show aber auch viele ESC-typische bunte Beiträge. Beim italienischen Beitrag machte jemand im Gorilla-Kostüm Faxen auf der Bühne. Bei Aserbaidschan stand ein Mann mit Pferdekopf auf einer Leiter, und der Kandidat Kroatiens, Jacques Houdek, performte als Opern- und Pop-Sänger in einem quasi ein Duett mit sich selbst. Gute Laune verbreitete Rumänien mit einer Jodel-Einlage.

Überschattet wurde der bunte, eigentlich unpolitische Wettbewerb vom Konflikt zwischen dem Gastgeberland Ukraine und Russland. Der russischen Kandidatin Julia Samoilowa wurde wegen eines Auftritts auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim die Einreise in die Ukraine verwehrt. Nach neuer blutiger Gewalt in der Ostukraine sagte Präsident Petro Poroschenko am Samstag seinen Besuch beim Finale ab.

Im vergangenen Jahr hatte die Kandidatin Jamala mit "1944" - einem Lied über das Schicksal der Krimtataren - gewonnen und so den ESC in die Ukraine geholt. Deutschland hat bisher zweimal beim ESC gesiegt: Lena triumphierte im Jahr 2010 mit ihrem Song "Satellite" und Nicole 1982 mit "Ein bisschen Frieden".

Die Jury-Punkte aus Deutschland gab Barbara Schöneberger bekannt. Sie war live von der ESC-Party auf der Hamburger Reeperbahn zugeschaltet. Gemeinsam mit Tausenden Fans feierten dort auch die Jury-Mitglieder Nicole, Joy Denalane, Adel Tawil, Wincent Weiss und Andreas Herbig. Die Wertungen der Jurys und der Zuschauer aus den insgesamt 42 ESC-Nationen hatten gleich viel Gewicht.

Deutschland war als einer der großen ESC-Geldgeber neben Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien ("Big Five") bereits für das Finale gesetzt gewesen — ebenso die Ukraine als Vorjahressieger. Die übrigen Musik-Acts hatten sich in den Halbfinal-Shows am Dienstag und Donnerstag fürs Finale qualifiziert.

(dpa/wer)
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