Berlin Unterhaltungschef gegen ESC-Ausstieg

Berlin · Nach dem vorletzten Platz will Thomas Schreiber weiter singen lassen und innerhalb der ARD Reformen für den Vorentscheid angehen.

Nach dem dritten Fiasko in Folge werden Stimmen laut, Deutschland möge beim Eurovision Song Contest (ESC) aussteigen. Doch für die Verantwortlichen kommt ein Rückzug von der gigantischen Musikshow, die weltweit etwa 200 Millionen Menschen erreicht, nicht infrage, wie ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber klarstellt. Nach Ann Sophie und Jamie-Lee, die 2015 und 2016 ganz hinten landeten, fiel auch Levina durch: Publikum und nationale Jurys gaben ihr magere sechs Punkte, während sich Sieger Portugal mit 758 Punkten an die Spitze sang.

ARD-Unterhaltungschef Schreiber plädiert für Reformen. Die nationalen Teilnehmer einfach festzulegen, statt über sie abstimmen zu lassen, ist aus seiner Sicht keine Option. Auch beim Auswahlverfahren erneut mit einer Casting-Show wie "The Voice of Germany" zusammenzuarbeiten, hält Schreiber nicht für erfolgversprechend: "Das ist keine Perspektive", sagte er. "Außer dem ersten Album von Ivy Quainoo ist bei keinem ,The Voice of Germany'-Gewinner ein echter Hit entstanden." Hinzu kommt: "The Voice of Germany"-Gewinner Andreas Kümmert machte 2015 einen Rückzieher. Jamie-Lee, die anschließende "The Voice of Germany"-Gewinnerin, habe zwar in Deutschland, aber beim ESC 2016 keinen Erfolg gehabt, sagte Schreiber.

Drei Debakel in Folge, trotzdem ist Deutschland - neben vier anderen großen Geldgebern und dem jeweiligen Vorjahressieger - automatisch fürs ESC-Finale gesetzt. Ist das gerechtfertigt? "Ja", sagt Schreiber. "Unter anderem, weil Deutschland der größte Fernsehmarkt Europas ist und die mit Abstand meisten Zuschaueranrufe für das Finale aus Deutschland kommen."

Dabei ist es gar nicht mal so ungewöhnlich, dass die am ESC beteiligten Fernsehsender ihre Kandidaten bestimmen. In Österreich etwa wurde ESC-Gewinnerin Conchita Wurst 2013 vom Rundfunksender ORF direkt nominiert. In Frankreich werden die Kandidaten vom ausstrahlenden Sender France 2 und der französischen Eurovisions-Delegation ausgewählt. In den Niederlanden bestimmt der öffentlich-rechtliche Sender Avrotros, wer das Land beim ESC vertreten darf. Blanche, die diesjährige Kandidatin Belgiens, die eigentlich Ellie Delvaux (17) heißt, hatte es mit 16 bei "The Voice Belgique" bis ins Halbfinale geschafft. Die Entscheidung, sie nach Kiew zu schicken, traf die belgische Rundfunkanstalt RTBF - es reichte für einen sehr guten Platz vier.

ESC-Platzierungen 2023: Alle Punkte und Ergebnisse der Teilnehmer
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Foto: dpa/Martin Meissner

Eine Bruchlandung erlebte der innerhalb der ARD für den Song Contest zuständige NDR allerdings im vergangenen Jahr, als er Xavier Naidoo ohne die zuvor gewohnte Zuschauerabstimmung nominierte - auch weil Naidoo bereits damals wegen politischer Äußerungen in der Kritik stand.

(dpa)
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