Echo für Deutschrockband Wie rechts ist Frei.Wild wirklich?

Berlin · Die Südtiroler Deutschrock-Band Frei.Wild hat erstmals den Echo gewonnen. Unter Buhrufen aus dem Publikum nahm die Gruppe den Preis entgegen. Die Band ist umstritten.

Das ist die Band Frei.Wild
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Jedes Jahr das gleiche Spiel beim Echo. Die Deutschrock-Band Frei.Wild aus Brixen, deren Mitglieder aber teilweise einen deutschen Pass haben, wird für den wichtigsten deutschen Musikpreis nominiert. Der Protest lässt nicht lange auf sich warten. Der Band wird immer wieder vorgeworfen, in ihren Liedtexten rechte Gedanken zu verarbeiten und sich nicht von ihren teils fremdenfeindlichen Fans zu distanzieren.

2013 drohten Kraftklub, Mia und andere Musiker mit einem Boykott der Preisverleihung, wenn Frei.Wild nominiert bleiben. Die Veranstalter strichen die Südtiroler damals von der Liste. Weil aber nicht etwa eine Jury die Nominierten auswählt, sondern allein die Verkaufszahlen entscheiden, tauchen Frei.Wild jedes Jahr wieder in der Nominiertenliste auf. Gestrichen werden sie nicht mehr. Am Donnerstagabend gewann die Gruppe in der Kategorie "Rock/Alternativ national". Applaus gab es nur von ein paar Fans. Buhrufe übertönten den leisen Jubel.

Woher aber hat Frei.Wild sein rechtes Image?

Sänger Philipp Burger war bis zur Gründung von Frei.Wild im Jahr 2001 Mitglied der Rechtsrock-Gruppe Kaiserjäger. Er sagt heute, dass sich sein rechtsextremistisches Gedankengut mit der Pubertät in Luft aufgelöst habe. Von der Skinhead-Szene habe er sich gelöst. Inzwischen sagt Burger: "Ich verachte Nazis aufs Tiefste." Bei Konzerten hört man ihn immer mal wieder "Nazis raus!" rufen. Seine heutige Band bezeichnet sich öffentlich als unpolitisch. Betont aber, dass sie konservative Werte vertrete.

Anlass zur Kritik an Frei.Wild sind aber immer wieder die Songtexte. In ihrem Lied "Wahre Werte" aus dem Jahr 2010 singt die Gruppe zum Beispiel:
"Da, wo wir leben, da wo wir stehen
Ist unser Erbe, liegt unser Segen
Heimat heißt Volk, Tradition und Sprache
Für uns Minderheiten eine Herzenssache
Das, was ich meine und jetzt werft ruhig Steine
Wir sind von keinem Menschen die Feinde
Doch wir sind verpflichtet, dies zu bewahren
Unser Tirol gibt´s seit 1200 Jahren"

Die Band zeigt sich patriotisch, als Verfechter von Tradition und Volkszugehörigkeit. Wer das in die rechte Ecke stelle, gehöre für sie zu den Moralaposteln, singt Frei.Wild in dem Lied "Gutmenschen und Moralapostel". Sie machen sich und ihre Fans zu Kämpfern gegen das Establishment. Zu Widerständlern gegen Engstirnigkeit. Der Name des neuen Albums: "Oppisition".

Von Ausländerfeindlichkeit und Extremismus distanziert sich die Band seit dem vergangenen Sommer allerdings öffentlich auf ihrer Internetseite: "Es gibt Menschen, die wir heute mehr und mehr und stolzer als bisher als unsere Fans und großartige Menschen bezeichnen: Es sind diejenigen, die für Menschlichkeit und Zivilcourage einstehen, Menschen, die unsere Gedanken teilen und sich verdammt noch mal vehement und entschlossen gegen die Brandstifter und Fremdenhasser stellen."

Als Frei.Wild den Echo in Berlin entgegennehmen reagiert Burger auf einzelne Buhrufe zwar erst mit dem Stinkefinger, richtet da das Wort dann aber an die Fan-Familie. Die Band habe sich entschieden, sich der Echo-Bühen zu stellen, weil der Preis den Fans und ihnen zustehe. "Heute zeigt sich, dass Ehrlichkeit am längsten währt. Dass Fehlentscheidungen richtig gestellt werden können und manche Einsicht zwar spät, aber sicher kommt. Wir sind, was wir sind und sind nicht das, was uns sehr viele Leute nachsagen", sagt Burger.

Aufstellen will die Band den Echo zu Hause nicht. "Er soll als Symbol für Standhaftigkeit, Durchhaltevermögen und Widerstand gegen Engstirnigkeit und Ausgrenzung dienen", sagt der Frontman.

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