Österreicherin gewinnt Eurovision Song Contest Conchita Wurst: "Putin, wir sind unaufhaltbar"

Kopenhagen · Völlig überwältigt hat die Österreicherin Conchita Wurst ihren Sieg beim Eurovision Song Contest gefeiert. Die vollbärtige Travestie-Künstlerin hat die ESC-Krone zum ersten mal seit 1966 nach Österreich geholt. Russlands Präsident Wladimir Putin hat sie eine klare Botschaft.

Conchita Wurst hat den Eurovision Song Contest gewonnen
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ESC 2014 - Conchita! Wurst! Gewonnen!

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"Ich weiß nicht, ob er zuguckt. Aber falls ja, sage ich ganz klar: Wir sind unaufhaltbar", sagte die Sängerin mit Blick auf Putin. Die Kunstfigur des Travestie-Künstlers Tom Neuwirth gewann in der Nacht zum Sonntag zum ersten Mal seit Udo Jürgens 1966 den Song Contest für Österreich. Keine Chance hatte das deutsche Damen-Trio Elaiza, das weit abgeschlagen auf Platz 18 landete. Elaiza zeigten sich trotzdem dankbar für die Chance, einmal in solch einem Rahmen aufzutreten. Die TV-Einschaltquoten beim Finale waren höher als in den vergangenen Jahren.

Im Vorfeld des ESC-Finales hatte kein Künstler so polarisiert wie Conchita Wurst. Euphorischen Reaktionen über das Auftreten des homosexuellen Neuwirth im eleganten Abendkleid mit dem an James-Bond-Hymnen erinnernden Lied "Rise like a phoenix" standen abfällige homophobe Äußerungen etwa aus Russland, aber auch aus Conchita Wursts' Heimatland Österreich gegenüber.

ESC 2014: Twitter feiert Conchita Wurst
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Foto: dpa, kp uw

Diese Stimmung griff die sichtlich überwältigte 25-Jährige nach ihrem Sieg auf und setzte mit ihrer ersten Reaktion ein Zeichen für Toleranz. "Diese Nacht ist allen gewidmet, die an die Zukunft von Frieden und Freiheit glauben.(...) Wir sind eine Einheit und wir sind nicht aufzuhalten."

Russische ESC-Delegation fordert Repekt für Conchita Wurst

Eurovision Song Contest - ein paar schräge Momente
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ESC 2014 - ein paar schräge Momente

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Die russische ESC-Delegation wirbt um Respekt für Conchita Wurst. "Ob er einen Bart hat oder keinen Bart, ob er Mann ist oder Frau - das ist unwichtig, es ist ein Wettbewerb", sagte der russische"Pop-Papst" Filipp Kirkorow am Sonntag im Staatsfernsehen. Wursts Siegerlied sei sehr schön, sagte Kirkorow. Der 47-Jährige hat den russischen ESC-Beitrag mitgeschrieben.

Die Teilnahme von Conchita Wurst hatte in Russland hitzige Debatten ausgelöst. Konservative Politiker und Kirchenkreise hatten kritisiert, eine Übertragung des ESC mit dem Transvestiten bedeute "eine eindeutige Propaganda für Homosexualität und geistliche Verderbnis". In Russland ist es gesetzlich untersagt, positiv vor Minderjährigen über "nicht-traditionelle sexuelle Orientierung" zu sprechen. Kirkorow hatte das Verbot öffentlich kritisiert.

ESC 2014: So freut sich Conchita Wurst über ihren Sieg
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Conchita Wurst konnte sich mit einem perfekt inszenierten Auftritt vor dem mit einem Country-Lied angetretenen niederländischen Duo The Common Linnets und der schwedischen Sängerin Sanna Nielsen durchsetzen. Während es bei der Punktevergabe der 37 Länder zunächst lange nach einem engen Rennen aussah, setzte sich Conchita Wurst am Ende doch deutlich durch. Sie kam auf 290 Punkte, die Niederlande auf 238 Punkte und Schweden auf 218 Punkte.

Österreich wird nun Gastgeber des 60. Eurovision Song Contest. Nach dem Sieg von Udo Jürgens mit "Merci, Chérie" 1966 wählten die Österreicher Wien als Austragungsort.

Für vereinzelte negative Zwischentöne sorgte wie befürchtet der Ukraine-Konflikt, der den ESC erreichte. Die russischen Tolmatschow-Zwillinge wurden bei der Punktevergabe immer ausgepfiffen, wenn Russland eine hohe Punktzahl holte. Auch bei der Bekanntgabe der Punkteverteilung des Publikums und der Jury in Russland gab es Pfiffe der Zuschauer in Kopenhagen. Sowohl die russischen Starter als auch die ukrainische Sängerin Marija Jeremtschuk hatten sich beim ESC mit politischen Äußerungen zurückgehalten. Die Ukraine schnitt mit Platz 6 einen Platz besser ab als die siebtplatzierten Russinnen.

Deutschland spielte wie bereits im Vorfeld befürchtet keine Rolle im Kampf um die Spitzenplätze. Elaiza holten mit ihrem Lied "Is it right" 39 Punkte und lagen damit weit abgeschlagen zurück. Die Newcomer, die erst über eine Wildcard in den deutschen Vorentscheid gekommen waren und sich dort gegen etablierte Stars wie Unheilig durchsetzen konnten, schnitten aber etwas besser ab als Cascada, das für Deutschland vor einem Jahr nur Platz 21 holte.

Elaiza-Sängerin Elzbieta Steinmetz zeigte sich in der ARD nicht vom Abschneiden enttäuscht. "Für uns war der ESC so ein Erlebnis. Das war so eine lustige Zeit", sagte Steinmetz.

Deutschland scheint damit allerdings nach einem Zwischenhoch mit dem Sieg und 10. Platz von Lena Meyer-Landrut in den Jahren 2010 und 2011 sowie Platz acht von Roman Lob im Jahr 2012 wieder im Niemandsland des ESC angekommen. Ebenfalls ohne Chance war der deutsche ESC-Altmeister Ralph Siegel, der mit San Marino Drittletzter wurde.

(AFP)
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