Köln Morricone spielt das Lied vom Tod

Köln · Als die Mundharmonika ertönt und sich ihr Klang in alle Ohren schneidet, geht ein Raunen durch die Kölner Arena. Das berühmte Thema "Der Mann mit der Mundharmonika" kennt natürlich jeder der rund 8000 Besucher. Man muss kurz innehalten und ergründen, was mehr beeindruckt: Die schiere Präsenz von über 100 Chorsängern und Musikern des Tschechischen Nationalen Symphonieorchesters und des ungarischen Kodály Chors. Oder dass man ihnen einen ordentlichen Sound gezaubert hat auf der Anlage, über die sonst Popmusik tönt. Dass ein 87-Jähriger seine eigene legendäre Filmmusik für ein Werk dirigiert, das in Deutschland "Spiel mir das Lied vom Tod" heißt: Ennio Morricone, der für über 500 Filme komponiert hat.

Seit 60 Jahren ist der Mann aktiv - und macht nicht den Eindruck, am Ende angekommen zu sein. Mit zwei Stücken aus dem Tarantino-Film "The Hateful 8" präsentiert er sich zur Eröffnung der zweiten Hälfte dieses 29 Stücke langen Abends auf der Höhe der Zeit. Celli und Bässe spielen präzise ein unheilvolles Stakkato. Es klingt, als hätte Morricone das berühmte Motiv aus "Psycho" tiefer gelegt, mit noch mehr Drängen und Dräuen versehen.

Man muss "The Hateful 8" nicht gesehen haben, um bei dieser Musik zu ahnen, wie böse er endet. So ist das immer bei Morricone: Seine Kompositionen, die meist von einem einzigen, starken, wiedererkennbaren Motiv getragen werden, eröffnen Räume. Sie lassen ohne Leinwand große Bilder entstehen. Sie charakterisieren Menschen besser, als man das mit Worten könnte. Deshalb mussten Sergio Leones Westernhelden nicht viel reden.

"Chi Mai" aus "Der Profi", das Hauptthema aus "The Good, the Bad and the Ugly" - immer wieder lässt sich das Publikum zu Standing Ovations hinreißen für eine lebende Legende.

(RP)
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