Eine Frage Des Stils Manieren sind immer modern

Leser Achim F. (Mönchengladbach): "Ist es noch zeitgemäß, sich wie ein Gentleman zu verhalten, also etwa Frauen die Tür aufzuhalten und einen Sitzplatz anzubieten?"

Wir leben in komplexen Zeiten, viele ehemals in Stein gemeißelte Benimmregeln - gerade im Umgang zwischen Frauen und Männern - sind aufgeweicht. Die Antwort hängt also von der Situation ab, lässt sich aber nötigenfalls so zusammenfassen: unbedingt und definitiv!

Mag sich manches im Umgang der Geschlechter miteinander geändert haben: Frauen wissen es zu schätzen, wenn man ihnen zuvorkommend begegnet. (Übrigens, dem Vernehmen nach nicht nur die!) Wie das im Einzelfall gestaltet wird, darf selbstverständlich der Situation und den heutigen Gegebenheiten angepasst werden. Das Aufhalten einer Tür etwa sollte nach wie vor Standard sein. Es kostet wenig Zeit und Mühe, ist aber mindestens freundlich, oft auch hilfreich. Die einzigen Errungenschaften, die im Einzelfall an diesem Prinzip etwas ändern, sind übrigens die automatische Schiebetür und - wichtig! - die Drehtür. Im Fall der Autotür hingegen kann es je nach Parkplatz-Situation unnötig umständlich sein, zunächst komplett um das Auto herumzurennen. Das gilt speziell seit Erfindung der Zentralverriegelung - aber auch, wer die besitzt, muss auf die höfliche Geste nicht immer verzichten. Das Anbieten eines Sitzplatzes ist dagegen ein Risikospiel - manche betroffene Dame könnte das Gefühl vermittelt bekommen, gebrechlich zu wirken. Gehen eine Frau und ein Mann zeitgleich auf den einzigen freien Platz im Raum zu, sollte der Mann freilich trotzdem darauf verzichten, seine (mögliche) körperliche Überlegenheit für ein geschicktes Tackling zu nutzen - und lieber galant zurücktreten.

Eine Frau, die sich unwohl fühlt, wenn ihr der Stuhl herangerückt wird oder man ihr in den Mantel hilft, wird das meist signalisieren. Dann kann man noch immer einen Gang zurückschalten. Ansonsten dokumentiert zuvorkommendes Verhalten vor allem, dass Sie um Ihr Gegenüber bemüht sind. Und das kommt nie aus der Mode.

Ihre Fragen? Bitte unter "Eine Frage des Stils" an kultur@rheinische-post.de

(RP)
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