Berlin Luther-Medaille für Kardinal Lehmann

Berlin · Als erster Katholik erhielt Lehmann die Ehrung der evangelischen Kirche.

Mit einem nachdrücklichen Bekenntnis zur Ökumene und mit dreifacher Symbolkraft ist die evangelische Kirche ins Reformationsjahr gestartet. Es mündet in den 500. Jahrestag des Thesenanschlags Martin Luthers am 31. Oktober 2017. Zum Auftakt zeichnete EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm den ersten Katholiken mit der Martin-Luther-Medaille aus: Karl Kardinal Lehmann aus Mainz.

Ort des Auftakt-Gottesdienstes war jene Marienkirche, in der Martin Luther King, der legendäre amerikanische Bürgerrechtler, drei Jahre nach dem Mauerbau in Berlin die Gläubigen aufrief, die Hoffnung auf eine Überwindung der Teilung nicht aufzugeben. 26 Jahre nach der geglückten Wiedervereinigung erinnerte Margot Käßmann, die EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum, an diesen Zusammenhang mit besonderer Freude.

Vor diesem Hintergrund empfand es Kardinal Lehmann selbst als "außerordentliches symbolträchtiges Ereignis", als Katholik im Mittelpunkt der zentralen evangelischen Feier zu stehen. Er revanchierte sich passend mit einem Luther-Gebetszitat, in dem die "armen Sünder" Gott anflehen, er möge "das Geteilte eins machen". Die Auszeichnung wertete der Kardinal als "kräftige Ermutigung, unseren Weg weiter zu gehen".

Dieser Weg zu einer immer größeren Einheit der Kirchen habe nach dem hoffnungsvollen Beginn vor 50 Jahren Rückschläge hinnehmen müssen, erläuterte Landesbischof Bedford-Strohm. Doch Lehmann habe unbeirrt daran festgehalten und von der "Glut unter der Asche" gesprochen, selbst langen Atem bewiesen und in den letzten Jahren das Reformationsjubiläum als "ökumenische Chance" beworben.

Lehmann machte die katholisch-evangelische Annäherung ganz handfest, indem er etwa auf die Menschen in konfessionsverschiedenen Ehen einging. Bewegt nahm er die schwere Medaille entgegen. Er wolle sie nun ständig im Blick haben und für sie einen festen Platz auf seinem Schreibtisch in Mainz finden, sagte er unserer Redaktion.

Wie wichtig das Gemeinwesen weit über die Kirchen hinaus das Reformationsjubiläum nimmt, machte Bundespräsident Joachim Gauck bei einem anschließenden Festakt klar. Bei keinem Reformationsjubiläum zuvor habe es in Deutschland so viele Menschen gegeben, die einer anderen oder keiner Religion angehörten. Sie alle genössen die Freiheit des Glaubens und des Gewissens, und damit, so Gauck, "unveräußerliche Grundrechte, die es ohne die Initialzündung der Reformation schwerlich gäbe".

Das Staatsoberhaupt warnte zugleich vor neuen Brüchen in der Gesellschaft. In Internetforen und politischen Debatten mache sich ein "Ungeist der Gnadenlosigkeit breit, des Niedermachens, der Selbstgerechtigkeit und Verachtung", der für "uns alle brandgefährlich" sei. Werden die starken Signale für eine Überwindung der christlichen Teilung im Jahr des Reformationsjubiläums wirken? Auch dafür hielt der Auftakt in Berlin ein Symbol bereit: Beim Verlassen der Kirche traten die Teilnehmer in dichten Nebel. Nicht einmal die Kugel des nahen Fernsehturmes war zu sehen, geschweige denn konkrete Konturen der Ökumene.

(RP)
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