Kleve Kunst von Beuys an ihrem Entstehungsort

Kleve · Das Klever Museum Kurhaus zeigt Werke von Joseph Beuys. Er hatte dort einst in einem Atelier gearbeitet.

In der lichten Wandelhalle steht das wuchtige Tor mit massivem Rahmen und rostig-archaischen Stahl-Halterungen. Davor wie schwebend kopfunter ein geschwungenes Kreuz als Symbol der Auferstehung - trotz seiner Größe voller Leichtigkeit. Im unmittelbar angrenzenden Oberlichtsaal liegt ein barockes Kanonenrohr, eine so genannte Feldschlange mit Drachenhaupt, aus dem sich ein gequälter Kopf presst. Daneben gedrungene dicke Mörser, Gestänge, ein rostiges Stück Straßenbahnschiene.

Es sind zwei Werke von Joseph Beuys: Das Büdericher Ehrenmal aus dunkler Eiche steht 1959 am Beginn seiner Karriere, lässt noch den Lehrer Mataré erahnen. Die 1976 für die Biennale in Venedig geschaffene Straßenbahnhaltestelle mit dem Kopf, den der Revolutionär Anacharsis Cloots als "Redner des Menschengeschlechts" 1794 in Paris unter der Guillotine verlor, gehört zu den Höhepunkten seines Werkes. Beide Arbeiten stehen im Mittelpunkt der neuen Ausstellung "Joseph Beuys. Werklinien" im Museum Kurhaus in Kleve. Eine weitere Bronze des Cloots-Kopfs ist auch Teil der Installation Palazzo Regale im K20 in Düsseldorf. In Kleve wird die Arbeit in einem weiteren Raum zudem als ursprünglicher Gips gezeigt ebenso wie ein frühes androgynes Selbstporträt von 1947.

Zeichnungen, darunter Entwurfsskizzen zum Büdericher Ehrenmal und zarte Bilder von Frauenakten, runden die Ausstellung ab. Flankiert wird die Schau mit einer ganzen Reihe von Fotos, die die Entstehung der großen Werke dokumentieren und den Aufbau in Venedig zeigen. Insgesamt hat das Museum Kurhaus rund 120 Beuys-Werke zusammengetragen. Zudem werden vier Filme gezeigt, die den Künstler bei seinen Aktionen zeigen. In Kleve kann das Ehrenmal übrigens nur gezeigt werden, weil es für eine dringend nötige Reinigung abgebaut werden musste. Es ist das erste Mal, dass dieses frühe Werk von Beuys vollständig an seinen Entstehungsort zurückkehrt.

Ehrenmal und Straßenbahnhaltestelle haben einen unmittelbaren Bezug zu Beuys' Heimatstadt Kleve. Für das Ehrenmal zog sich Beuys Ende der 1950er Jahre in das eigens angemietete Atelier im damaligen Kurhaus zurück. Er wollte hier den Entwurf vollenden, der seine erste große Arbeit im öffentlichen Raum werden sollte, und arbeitete in Kleve wie in einem Kokon. Nur seinen späteren Galeristen Schmela ließ er in die Räume. Der Galerist realisierte bei dem Besuch sofort, das sich hier ganz Neues entwickelte, erinnerte er sich später.

Als Beuys den Kokon Kurhaus verließ, folgte er dem Ruf an die Düsseldorfer Kunstakademie. Das Atelier wurde sein Lager, später räumte er es. Heute ist es Teil des Museums. "Wir wollen das Atelier als Denkraum präsentieren, hier sind die Zeichnungen, die Ideen zu sehen", sagt Kleves Museumsdirektor Harald Kunde.

Auch das barocke Denkmal für den Frieden nach dem 30-jährigen Krieg, das Teil seiner Installation Straßenbahnhaltestelle werden sollte, nahm Beuys 1976 in Kleve vom Original ab: eine von Mörsern umstandene Kanone. Er richtete zur Biennale den Abguss im deutschen Pavillon in Venedig wieder auf, krönte die Feldschlange mit dem gequälten Kopf von Cloots. Zudem bohrte er mit dem Gestänge in den Boden des Pavillons, um das Wasser der Lagune zu erreichen. Nach der Biennale wurden die Teile abgelegt -jetzt sind sie als Leihgabe des Kröller-Müller-Museums am Ort ihres Ursprungs zu sehen.

Info "Joseph Beuys. Werklinien". Museum Kurhaus Kleve, Tiergartenstraße 41. Di bis So 11 bis 17 Uhr. Bis 4. September. Katalog 34 Euro.

(RP)
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