Düsseldorf Kinderbuch-Heldin Hedvig ist die bessere Conni

Düsseldorf · Wie bei Astrid Lindgren: Die vier Hedvig-Bände der schwedischen Autorin Frida Nilsson sind großartig.

Über ein Kind sollte man so etwas ja eigentlich nicht sagen, da dieses Kind aber bloß erfunden ist, darf man das jetzt mal aussprechen: Conni nervt. Das beflissene blonde Mädchen ist schon im Kindergarten hauptberufliche Bedenkenträgerin. Conni hat entweder Angst oder macht alles richtig, und als die Eltern mit ihr in die Ferien fliegen wollen, denkt sie sofort: "Was, wenn das Flugzeug nun abstürzt?" Sie ist so altklug und politisch korrekt, dass man sie vor einem ereignislosen Leben im Puppenhaus nur bewahren könnte, indem man ihr eine Cola bestellt und gemeinsam "Helter Skelter" von den Beatles hört. Aber das würden ihre Eltern gewiss verbieten.

Conni ist die enorm populäre Kinderbuch-Figur von Liane Schneider und Eva Wenzel-Bürger, jeder Grundschüler kennt sie, und ihre Erlebnisse werden in den dünnen "Pixi"- und "Lesemaus"-Heften erzählt. Nun gibt es aber ein gleichaltriges Mädchen, das ganz anders ist als Conni, mutig nämlich und ein bisschen aufsässig. Sie heißt Hedvig und ist die bessere Conni. Sie lebt in Schweden, und erfunden wurde sie von der Autorin Frida Nilsson. Es gibt bereits vier Bände mit Kurzgeschichten über Hedvig, der neue ist eben erschienen, und zu empfehlen sind unbedingt auch die Hörbuchausgaben, denn die werden von Heike Makatsch gelesen, und die ist einfach umwerfend.

Hedvig wohnt in einem roten Haus hinter dem Ende der Welt, wie sie selbst sagt. Im ersten Band ist sie sieben und steht kurz vor der Einschulung, und mit ihr kann man erneut den Zauber der ersten Male erleben: eine Freundin finden, irgendwo neu sein, sich streiten, Niederlagen erleben, schwimmen lernen. Hedvig wirkt wie im Geiste Astrid Lindgrens erdacht, sie hat etwas von Pippi Langstrumpf, sie ist skurril und hasst nichts so sehr wie Ungerechtigkeit. Als ihr Vater Kloßkuchen mit Speckfüllung serviert, sagt sie aufrichtig: "Das schmeckt mir nicht." Hedvig ist patent, ihr Kuscheltier ist Snoopy von den "Peanuts", und Frida Nilsson schreibt die Gedanken ihrer kleinen Heldin psychologisch sicher auf, empathisch und mit Taktgefühl. An der Stelle etwa, als Hedvig ihrer Mitschülerin Linda begegnet, heißt es: "Sie ist hübsch. Bestimmt eine von der Sorte, die alle Mamas gern haben, nur weil sie blond ist, denkt Hedvig, die selbst braune Haare hat und mehr eine von der Sorte ist, die andere Mamas gar nicht gern haben, weil sie die ganze Zeit redet wie ein Wasserfall."

Hedvig und Linda werden natürlich dennoch beste Freundinnen, und unglaublich toll ist die Geschichte, in der sich Hedvig ein Pferd wünscht. Hedvigs Eltern haben zwar viel Platz, aber wenig Geld, deshalb bekommt die Tochter nur einen Esel. "Jetzt hast Du beinahe ein Pferd", scherzt der Vater, und darüber kann Hedvig nicht so richtig lachen. Zudem wird sie von einem Mitschüler gehänselt; "nur Idioten haben Esel", sagt der, aber da steht ihr die neue Freundin Linda zur Seite. "Und warum hast du dann keinen?", entgegnet die, und das ist natürlich ziemlich toll.

Hedvig ist komisch und melancholisch. Sie ist nachdenklich, aber nicht vergrübelt. Sie macht Fehler, sie ist neugierig auf das Leben, und sie ist schlau. Die Bücher sind für Kinder ab fünf Jahre geeignet, sie machen auch dem Vorlesenden Spaß, und obwohl die Sprache meistens klar ist und unverstellt, gibt es wunderbar poetische Stellen, wie jene, als Hedvig Frieden mit dem Esel schließt, den sie übrigens auf den schönen Namen Max-Olov tauft. Sie steht also nachts auf, schleicht auf die Koppel und versucht, auf Max-Olov zu reiten. "Und während die Sonne aufgeht, drehen sie eine Runde um die Weide. Ab und zu stolpert Max-Olov. Es geht langsam. Aber so ist es am Anfang ja immer."

Info Neu ist der Band "Hedvig! Der Sommer mit Specki" (208 S., 12,95 Euro). Man sollte aber mit Band eins beginnen: "Hedvig! Das erste Schuljahr" (6,95 Euro). Alle Bände sind bei Gerstenberg erschienen.

(hols)
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