Till Brönner "Kein Ständchen für Trump"

Der Musiker über sein Konzert im Weißen Haus, den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und musikalische Vorlieben.

Berlin Er ist einer der bekanntesten und besten deutschen Jazzmusiker, und seine Karriere führte ihn bis ins Weiße Haus in Washington. Anfang September veröffentlicht der Trompeter und Sänger Till Brönner (45) sein neues Album.

Im April waren Sie als einziger Deutscher zu Gast beim Jazz-Gipfel von US-Präsident Obama. Wie kam es dazu?

Brönner Ich habe wirklich gar nicht damit gerechnet, dabei zu sein. Weil ich dachte, dass das im Weißen Haus eine große amerikanische Veranstaltung sein wird. Ich bin dann aber doch eingeladen worden, und da konnte ich natürlich nicht absagen.

Und wie haben Sie das Event mit Stars aus aller Welt erlebt?

Brönner Auch gestandene Musiker, große Innovatoren im Jazz, waren berührt. So eine Einladung des Präsidenten ins Weiße Haus, das ist ja bis dato noch nie passiert. Da stehen 45 Topstars wie die Hühner auf der Stange nebeneinander und warten auf Barack Obama. Man hat gemerkt, welch enges Verhältnis der Präsident zu dieser Musik hat. Ich war sehr beeindruckt. Mir war vor allem klar, dass ich so etwas nie wieder erleben werde. Es gibt ja solche Momente, wo man weiß: Das hier ist jetzt einmalig.

Würden Sie auch für einen Präsidenten Trump spielen?

Brönner Von Trump hat man ja das Gefühl, dass er kein Ständchen verdient hätte, wenn er es schafft. Aber ich denke, es wird einfach nicht dazu kommen. Übrigens auch aus musikalischen Gründen nicht. Beispielsweise gab's zu Zeiten von George W. Bush sehr viel Country, dagegen war Obama ein Jazz- und Soul-Mann. Trumps Musikgeschmack kenne ich nicht - aber man ist ja geneigt, schon irgendwelche Vorahnungen zu haben.

Ihr neues Album heißt "The Good Life". Wie kamen Sie auf den Titel?

Brönner Das Album hatte lange keinen Titel. Wir haben uns erstmal intensiv mit der Musik beschäftigt, dann haben wir mit Titel-Ideen hantiert, die gar nicht von den Songs auf dem Album stammten. Am Ende hatte es mit der Wirkung von "The Good Life" auf dem Albumcover zu tun. Das sah gut aus. Die Worte klangen auch gut. Und es passte auch vom Inhalt des Songs her - es geht ja in Sacha Distels Lied . . .

. . . dem titelgebenden Song "The Good Life" . . .

Brönner . . . um das Wahre und Wertvolle im Leben: Wie viel ist man bereit abzugeben für ein Leben mit dem Menschen, den man liebt.

Die Platte besteht aus klassischen Songs des Repertoires von Frank Sinatra. Warum diesmal ein Album mit Schwerpunkt beim Gesang?

Brönner Man stellt fest, dass eigentlich alle guten Songs aus dieser Ära der 50er und 60er Jahre irgendwann von Sinatra gesungen wurden. Das ist ein Fass ohne Boden. In diesem Fall war es der Produzent Ruud Jacobs, der mich auf die Idee eines gemeinsamen Albums mit solchen Songs brachte. Ich wollte aber eigentlich gar nicht so viel singen. Jacobs ist ein guter Menschenkenner, er hat mir schnell die Angst genommen. Wir haben ja auch nicht "New York New York" aufgenommen, sondern Songs, die viele noch gar nicht unbedingt von Sinatra kennen.

"The Good Life" geht mit schönen Liedern auf Nummer sicher. Ist Ihnen Erfolg wichtiger als künstlerisches Risiko?

Brönner Für mein rotes Album von 2012 gab es Lobeshymnen aus allen Richtungen - aber das war meine am schlechtesten verkaufte Platte. Es gibt ja diese alte Faustregel: Wenn Kritiker es mögen, wird es leider kein Erfolg. Ich bin sicher, die richtigen Leute trauen mir zu, noch mal ein solches Album mit hohem Risiko zu machen - weil ich mir das natürlich selber auch zutraue. Der Moment wird kommen. Aber man darf nicht damit rechnen, dass ich das vorher bekannt gebe. Ich habe dazu schon große Lust. Aber auch das mache ich dann nicht für die Anerkennung anderer, sondern letztlich für mich selbst.

Sie haben keine Berührungsängste mit Popmusik. Welche Platten nehmen Sie auf die berühmte einsame Insel mit - mehr Jazz oder mehr Pop?

Brönner Auf jeden Fall mehr Jazz. Aber heute verschmelzen Jazz und Pop doch ohnehin viel mehr miteinander. Singer-Songwriter-Musik wie etwa von Joni Mitchell schließt doch den Jazz längst mit ein. Und Jazz ist heute nicht mehr die Musik, die Gesetze bricht.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE WERNER HERPELL.

(RP)
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