Frankfurt Im Frankfurter Städel tobt der Geschlechterkampf

Frankfurt · "Mit Adam und Eva fing das ganze Schlamassel an", sagt die Kuratorin Felicity Korn. Die Anziehung und Abstoßung zwischen Mann und Frau hat das Städel-Museum in Frankfurt am Main zum Thema einer Sonderausstellung gemacht. Entsprechend eröffnet die Schau "Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo" (24. November bis 19. März 2017) mit dem Paar im Paradies.

Der Münchner Maler Franz von Stuck (1863-1928) zeigt die Frau nackt von vorn, den Mann dezenter von hinten. Vor schwarzem Hintergrund windet sich die Schlange eng um die Frau und bietet gemeinsam mit ihr dem Mann den Apfel dar. Für den Maler war die sexuell reizvolle Frau und die Schlange als Versucher eins. Die Botschaft: Die selbstbewusste, aktive Frau führt den Mann ins Verderben.

Mit dem Aufkommen der Emanzipationsbewegung der Frauen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sei das Verhältnis der Geschlechter zum Thema der Kunst geworden, sagt Städel-Direktor Philipp Demandt. "Die Kunstwerke veranschaulichen die Angst der Männer vor einer selbstbewussten weiblichen Sexualität." Die männlichen Künstler gaben ihren Fantasien gerne mit drastischen Motiven Gestalt, die sie auch der Bibel entnahmen.

So faszinierte sie die Figur der Salome, die Johannes dem Täufer den Kopf abschlagen lässt. In dem Gemälde von Jean Benner (1836-1906) blickt die Frau mit mädchenhaftem Gesicht ungerührt den Betrachter an, die vollen Brüste nur von einem durchsichtigen Tuch bedeckt, in den Händen eine Platte mit dem Haupt des Täufers. Auch hier lautet die Moral: Die erotisch anziehende Frau ist zugleich männermordend grausam.

Die Schau zeigt 150 Werke der Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie und des Films von 1860 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Zu den präsentierten Künstlern gehören Édouard Manet, Auguste Rodin, Max Liebermann, Gustav Klimt, Otto Dix und Hannah Höch. "Wir hätten gerne mehr Gemälde mit Männern, auch unbekleideten, gezeigt, die gibt es aber nicht", sagt Kurator Felix Krämer.

Der chronologische Bogen der Schau zieht sich von den mythologischen Darstellungen Gustave Moreaus bis hin zu den fantastischen Bildfindungen des Surrealismus. Unterbrochen wird die Chronologie durch die Präsentation von fünf Künstlern, die in ihrem Werk dem Thema des Geschlechterkampfs einen herausragenden Stellenwert einräumten: Franz von Stuck, Jeanne Mammen, Félicien Rops, Edvard Munch und Lee Miller.

Künstlerinnen stellten die gleichen Motive anders dar. Bei Suzanne Valadon (1865-1938) stehen in dem Selbstbildnis von 1909 Adam und Eva in einem Garten unbekleidet nebeneinander, beide dem Betrachter in gleicher Weise zugewandt. Fröhlich pflückt die Frau den Apfel, der Mann führt ihre Hand. Es gibt keine Verführung, das Paar erscheint gleichberechtigt. Künstlerinnen kehrten aber auch Rollenbilder um: Jeanne Mammen (1890-1976) beispielsweise zeigt in einem kleinformatigen Aquarell nicht einen Mann am Kreuz, sondern eine Frau - und ohne Leidensmerkmale. Am Boden trauert keine Frau, sondern ein Mann krümmt sich in der Pose der Maria Magdalena.

Als die Männer physisch und psychisch versehrt aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrten, und die Frauen in deren Abwesenheit berufliche und gesellschaftliche Funktionen übernommen und an Selbstbewusstsein gewonnen hatten, gerieten Rollenbilder weiter ins Wanken. Claude Cahun (1894-1954) zeigt sich in fotografischen Selbstporträts mit rasierter Glatze und stellt die weibliche Rolle infrage.

Die Schau schließt mit Frida Kahlo (1907-1954), die in ihrem Selbstporträt von 1946 den Betrachter anblickt. Mit der gespaltenen Frisur, zur einen Seite offene Haare, zur anderen ein geflochtener Zopf, spielt sie offen auf ihre Empfindung als zwiespältige Persönlichkeit an, triebverbunden und zivilisiert zugleich. Selbstbewusst steht sie zu sich. "Das Thema des Geschlechterkampfs ist mit allen Facetten ein nur scheinbar vergangenes", sagt Direktor Demandt.

Öffnungszeiten Dienstag, Mittwoch, Samstag, Sonn- und Feiertag von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag und Freitag von 10 bis 21 Uhr, Montag geschlossen, Sonderöffnungszeiten über Weihnachten und den Jahreswechsel.

(epd)
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