Los Angeles Meryl Streep wettert gegen Donald Trump

Los Angeles · Bei der Golden-Globe-Gala hielt die 67-Jährige eine flammende Ansprache. Und das Film-Musical "La La Land" stellte einen Rekord auf.

Golden Globes 2017: Meryl Streep wettert bei Gala gegen Donald Trump
Foto: Ferl

Hätte Meryl Streep ihre Ansprache nicht gehalten, wäre man versucht zu sagen, dass das ja vielleicht nicht gerade das allerbeste Signal ist, wenn ausgerechnet ein Musical so viele Golden Globes gewinnt wie kein Film je zuvor. In "La La Land" tanzt Emma Stone im blütenstaubgelben Kleid mit Ryan Gosling über den Dächern von Los Angeles, und weil sie manchmal vor Verliebtheit nicht wissen wohin, fangen die beiden auch noch an zu singen. Das Musical ist ein wolkiges Genre, es ist weit entfernt von der Realität und kaum an die Gesetze eines Plots gebunden. Sieben Preise für diese - zugegebenermaßen sehr schöne - Produktion also, das klingt nach Eskapismus, nach Weltflucht wenige Tage vor der Amtseinführung Donald Trumps am 20. Januar.

Nun hat Meryl Streep ihre Rede aber gehalten, womöglich werden sich die Menschen künftig sogar als Erstes an diese Ansprache erinnern, wenn sie über den Globes-Jahrgang 2017 reden. Die 67-Jährige wurde für ihr Lebenswerk geehrt, und sie hat sich in der Danksagung als Präsidentin der Vereinigten Staaten von Hollywood inszeniert. Streep zählte einige Schauspieler-Kollegen auf, die nicht aus den USA stammen, und schlussfolgerte: "In Hollywood wimmelt es von Außenseitern und Ausländern. Und wenn wir sie alle rauswerfen, wird es nichts mehr für euch zu schauen geben außer Football und Mixed Martial Arts." Martial Arts, Kampfkunst also, mag Donald Trump übrigens sehr.

Golden Globes 2017: Meryl Streep wettert bei Gala gegen Donald Trump
Foto: Ferl

So ging es weiter; ihr Herz sei gebrochen, als Trump, den Streep nicht namentlich nannte, jüngst einen behinderten Journalisten nachgeäfft habe: "Das war kein Film, das war das echte Leben." Respektlosigkeit lade zu weiteren Respektlosigkeiten ein, Gewalt zu Gewalt, und was Streep damit auch sagte, war, dass öffentliche Rede doch bitte aufgeklärter und empathischer sein möge als der Umkleidekabinen-Jargon, den der künftige Präsident allzu oft gepflegt hat. "Nimm dein gebrochenes Herz und mach Kunst daraus", dazu habe die verstorbene Carrie Fisher sie ermuntert. Es gab viel Applaus im Saal. Trump hingegen bezeichnete Streep später auf Twitter als "Dienerin Clintons" und als "eine der überbewertetsten Schauspielerinnen Hollywoods". Von den "liberalen Filmleuten" habe er nichts anderes erwartet.

Manche mögen nun sagen, dass es wohlfeil sei, wenn ein Weltstar einen Abend, an dem die Glücklichen das Glücklichsein feiern, dazu benutzt, ein bisschen politisch zu sein. Aber Streeps Rede wirkte tatsächlich identitätsstiftend. Die Globes werden von 100 Vertretern ausländischer Medien vergeben, und so ließ sich der Abend auch als Antwort auf die Frage deuten, was wohl wäre, wenn sich die Traumfabrik erledigt hätte, wenn die Wirklichkeit die dort hochgehaltenen Ideale zerstören würde. Nach dieser Rede mutete der Preisregen für "La La Land" richtig, schlüssig und anregend an. Der Film ist ja eine Hommage an die großen Tage des Filmgeschäfts, eine Verbeugung vor der Macht des Träumens: Er wurde im Bewusstsein gedreht, dass die Imagination Räume öffnen kann, die zu bewohnen das Leben lebenswerter macht.

Hollywood kehrt seit der Musical-Hochzeit in den 1930er bis 50er Jahren immer mal wieder zu dem Genre zurück, als eine Art Selbstversicherung - "Moulin Rouge" (2001) und "Chicago" (2002) sind mehr oder weniger gelungene Beispiele. "La La Land" bietet auf menschenfreundliche Art die Verschränkung von Schein und Sein, und so ging an diesem Abend ein neuer Stern am Himmel über Los Angeles auf, denn der Regisseur und Autor von "La La Land" ist gerade mal 31 Jahre alt. Damien Chazelle darf man ruhig ein Wunderkind nennen, sein Musikfilm "Whiplash" gewann 2014 drei Oscars. Die Nominierungen für die Oscars 2017 werden erst am 24. Januar bekanntgegeben, und "La La Land" dürfte beste Chancen haben.

Ein ebenbürtiger Anwärter auf die Oscars gewann ebenfalls. Bei den Globes werden Filme in zwei Kategorien eingeteilt, "La La Land" siegte bei den Komödien. Bei den Dramen wurde "Moonlight" von Barry Jenkins ausgezeichnet, der allerorten euphorisch besprochen wird und sich zudem als Oscar-Sieger eignen würde, weil man dort ja Filme mit afroamerikanischen Themen stärker beachten möchte. Es geht um einen Homosexuellen mit dunkler Hautfarbe, um sein Leben im zeitgenössischen Amerika. Das ist politisches und ambitioniertes Kino, drei eigenständige Kapitel stellen drei Lebensphasen des Helden seit den 1980er Jahren vor, zusätzlich wurde die Fabel mit mythologischen Anspielungen angereichert. Produziert hat die Firma von Brad Pitt, der bei den Globes seinen ersten großen Auftritt seit der Trennung von Angelina Jolie hatte. Zu rechnen sein dürfte bei der Oscar-Gala am 26. Februar außerdem mit de Filmen "Arrival", "Loving", "Fences" und "Manchester By The Sea".

Golden Globes 2020: Tops und Flops der Stars auf dem roten Teppich
31 Bilder

Stars bei den Golden Globes 2020

31 Bilder
Foto: dpa/Jordan Strauss

Signalwirkung haben die Globes ebenso bei TV-Produktionen. "The Crown", "Atlanta", "The People vs O. J. Simpson" und "The Night Manager" sind demnach besonders brillant, packend und herausragend inszeniert. Sie gewannen in den Kategorien TV-Drama, -Komödie und Mini-Serie.

Ein Wort noch zum deutschen Beitrag: Die Tragikomödie "Toni Erdmann" von Maren Ade war zwar nominiert, ging jedoch leer aus. Schade, aber nicht weiter schlimm. In den US-Kinos läuft der Film mit einigem Erfolg, in New Yorker Zeitungen erscheinen Hymnen, und die Oscar-Chancen bewertet nach diesem Abend kaum jemand geringer. Zusätzlicher Mutmacher: "Elle", der ausländische Siegerfilm bei den Golden Globes, ist bei den Oscars gar nicht mehr im Rennen.

(hols)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort