Michael Fassbender Wird Assassin's Creed der erste erfolgreiche Videospiel-Film?

Düsseldorf · Michael Fassbender, Marion Cotillard und Regisseur Justin Kurzel machen nach "Macbeth" erneut großes Kino: Am 21. Dezember bringen sie die Videospielreihe "Assassin's Creed" auf die große Leinwand. Und der Film könnte erfolgreich sein – trotz vieler gemachter Fehler.

Michael Fassbender, Marion Cotillard und Regisseur Justin Kurzel machen nach "Macbeth" erneut großes Kino: Am 21. Dezember bringen sie die Videospielreihe "Assassin's Creed" auf die große Leinwand. Und der Film könnte erfolgreich sein — trotz vieler gemachter Fehler.

Der Zeitpunkt der Triaier-Veröffentlichung war beispielsweise nicht ideal gewählt, doch offensichtlich wollten Ubisoft Motion Pictures und der Partner 20th Century Fox nicht länger warten: Während sich Kino-Freunde weltweit auf die Filmfestspiele in Cannes konzentrierten, hatte man vergangene Woche den Trailer zum Assassin's-Creed-Film mit Michael Fassbender, Marion Cotillard und Jeremy Irons veröffentlicht. Und der ist optisch zwar überaus beeindruckend, verliert dann aber wieder mit einem poppigen Kanye-West-Track an Wucht. Zumal Hip-Hop nicht so recht zum Spätmittelalter-Setting passt. Die Befürchtung der Fans: Wird der Film der nächste Eintrag in der langen Liste der alles andere als erfolgreichen Kino-Adaptionen von Computerspielen?

Möglich. Denn Nicht-Kenner der Spielreihe sind von dem Trailer ein wenig verwirrt: Michael Fassbender spielt den Schwerverbrecher Callum Lynch, der zum Tode verurteilt worden ist. Bei seiner Hinrichtung wird er offensichtlich aber nur betäubt und dann von dem Unternehmen Abstergo — je nach Sichtwiese — befreit oder entführt. Das ist im Trailer aber missverständlich. Für einige schien es so, als ob Callum stirbt. Und alles, was danach kommt, dreht sich um ein Leben nach dem Tod oder seine Wiedergeburt.

Der Trailer ist beeindruckend, aber auch verwirrend

Das Unternehmen Abstergo erkennen zudem nur Menschen an dem Logo, die sich in die Spiele gestürzt haben. Genannt wird der Name nicht. Unklar bleibt auch, worum es nun eigentlich geht. Wer die Reihe kennt, weiß, dass Abstergo ein Unternehmen des Templer-Ordens ist. Der wirkt seit Jahrtausenden im Verborgenen und dehnt seinen Einfluss kontinuierlich aus. Im Kampf gegen die — Achtung — Bruderschaft der Assassinen.

In dem fiktiven Universum geht man zudem davon aus, dass Erinnerungen der Vorfahren in der DNA, dem genetischen Code, gespeichert sind. Und mithilfe einer Maschine, dem Animus, kann man auf diese geerbten Erinnerungen zugreifen und sie durchleben. Das ist es auch, was Abstergo von Callum Lynch möchte: Er soll die Erinnerungen seines Vorfahren Aguilar (wieder Michael Fassbender) im Spanien des 15. Jahrhunderts durchleben. Vermutlich in der Zeit der "Neuen Spanischen Inquisition" nach 1478.

Der Trailer zeigt eben diese Epoche beeindruckend und ist mit den Parcours-Elementen nahe an die Spielreihe angelehnt. Und offensichtlich ist Callums Vorfahre Aguilar kein Templer gewesen, sondern er gehörte zu ihren Gegnern, den Assassinen. Was genau Abstergo nun damit beabsichtigt, Callum die Erinnerungen durchleben zu lassen, erklärt der Trailer nicht. Aber Kenner der Reihe wissen, dass Templer und Assassinen auf der Suche nach machtvollen Relikten der sogenannten Ersten Menschheit sind - die Jahrtausende vor unserer Zivilisation existierte.

Diesen ganzen Hintergrund konnte man natürlich nicht in den Trailer packen, aber er hätte etwas weniger verwirrend sein dürfen — um ein großes Publikum anzusprechen und nicht nur Gamer.

Und das ist schade. Denn insgesamt ist es ein beeindruckender Trailer zu einem Film, der das Potenzial hat, eine tatsächlich erfolgreiche Videospiel-Verfilmung zu werden. Wenn es nur um den Umsatz geht, steht da bislang "Prince of Persia" (2010) an der Spitze. Es ist aber ein Titel ohne Ruhm: Einem Budget von 200 Millionen Dollar stehen trotz einer Starbesetzung mit Jake Gyllenhaal, Gemma Arterton und Ben Kingsley nur Kino-Einnahmen weltweit von 336 Millionen Dollar gegenüber. Aber erst ab etwa 400 Millionen Dollar Einnahmen wäre der Film angesichts des Vertriebs-, Marketing-, und Werbe-Aufwandes als gerade eben kostendeckend durchgegangen. Immer wiederkehrende Videospiel-Verfilmungen wie die Resident-Evil-Kinoreihe gibt es nur, weil sich das Produktionsbudgets bei bescheidenen 60 Millionen Dollar bewegt. So schwer ist es dann nicht mehr, Gewinne einzuspielen.

Film und Spiel: Zwei Welten, die nicht zusammenpassen?

Aber warum haben erfolgreiche Spiele, die große Geschichten erzählen, es so schwer, im Kino zu bestehen? Für Kirk Kjeldsen, Assistenz-Professor für Film- und Kino-Studien an der US-amerikanischen Virginia Commonwealth Universität in Richmond, liegt es an der unterschiedlichen Struktur. Filme würden traditionell einem Story-Aufbau in drei Akten folgen, sagte er 2014 dem Magazin "USA Today". Die Geschichten der Spiele würden sich anders entwickeln. Und jeder Versuch, sie in drei Akte zu pressen, wäre so, als ob man ein Lied aus einem Gemälde oder einer Skulptur machen wolle.

Wheeler Winston Dixon, Professor für Filmwissenschaften an der US-Universität Nebraska-Lincoln, sieht noch einen weiteren, gravierenden Grund: "In Spielen ist der Spieler der Star. Er entscheidet, welchem Weg er folgt, wie er sich durchs Game schlägt." Für einen Film würde man eben das aus der Story entfernen, und der Zuschauer ist damit nicht mehr Teil der Handlung. "Die Filme versagen, weil sie nicht mehr interaktiv sind."

Neben den filmtheoretischen Überlegungen gibt es auch noch andere Gründe. Viele Hollywood-Produzenten und Filmemacher haben kein Gespür für den Charakter eines Spiels, noch verstehen sie, worin das Besondere liegt. Sehr deutlich wird das in den beiden Hitman-Verfilmungen. Die Geschichte um den Profi-Killer Agent 47, der im Labor gentechnisch gezüchtet und anschließend von klein auf zum Killer konditioniert wurde, schreit in Hollywood offenbar nach knalliger Action. Nur, dass es in den Spielen eben darum nicht geht. Die Aufgabe ist es, versteckt vorzugehen und unauffällig zu bleiben. Das hat man in Hollywood nicht verstanden.

Ebenso wenig, dass die Spiel-Reihe zeigt, wie Agent 47 sich immer mehr dagegen auflehnt, dass Andere über sein Leben bestimmen und für ihn definiert haben, wer er ist. Die spannenden, herausfordernden Spiele mit einer komplexen Story werden so im Kino zu wenig mitreißenden 08/15-Actionstreifen, die sich darauf beschränken, die besten Gaming-Momente nachzudrehen. Mit der Hitman-Reihe hat das bis auf den Titel kaum etwas zu tun, und die Filme sind schnell vergessen.

Einen Teil der Schuld daran tragen auch die Spieleentwickler: Sie erlauben Filmstudios, den Namen ihrer Marke zu verwenden. Dafür lassen sie sich teuer bezahlen. So teuer, dass manchen Filmproduktionen nicht mehr genug Geld für einen vernünftigen Film bleibt. Zudem geben die Spielentwickler so auch jede Kontrolle darüber ab, was auf der großen Leinwand aus ihrem Spielen wird.

Ubisoft will bei Assassin's Creed alles richtig machen

Beim französischen Videospiel-Entwickler Ubisoft mit einem Jahresumsatz von knapp drei Milliarden US-Dollar hat man die Fehler erkannt, die bisherige Spiele-Verfilmungen gemacht haben — und möchte mit Assassin's Creed zeigen, wie es richtig geht. Zunächst haben die Franzosen 2011 mit Ubisoft Motion Pictures eine eigene Filmtochter gegründet, in deren Hand die Kino-Umsetzungen liegt — zusammen mit den an den Spielen beteiligten Entwicklern. Weder muss man so für eine Lizenz bezahlen, die ohnehin im eigenen Haus liegt, noch gibt man die Deutungshoheit an Menschen ab, die mit den Games nichts zu tun haben.

Zudem löst man sich im Assassin's-Creed-Film von den Spielen, indem man eine tatsächlich neue Geschichte in dem etablierten Universum erzählt: Man versucht nicht, etwas Altes aus den Spielen neu zu inszenieren oder mit aller Gewalt in ein Filmformat zu pressen. Damit aber hat Assassin's Creed tatsächlich die Chance, ein mitreißender, spannender Film mit interessanten Charakter und dem Flair des Mittelalters zu werden.

Hauptdarsteller Michael Fassbender scheint vom Erfolg überzeugt zu sein. Als er engagiert wurde, kannte weder die Spiele noch die Story. Nachdem er sich damit auseinandergesetzt hatte, stieg er auch als Produzent in den Film mit ein. Und der ist aus Sicht von Ubisoft nur der erste Schritt: Man möchte noch mehrere erfolgreiche Spiele-Marken ins Kino bringen. Die Action-Reihe "Far Cry", die Spionage- und Polit-Thriller um den Agenten Sam Fisher der Tom-Clancy-Serie "Splinter Cell" und die Hacker-Story aus "Watch Dogs": Sie alle sollen auch auf der großen Leinwand erfolgreich sein.

(jov)
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