"Victoria" Atemlos durch die Nacht — ein Bankraub in Echtzeit

Berlin · Victoria tanzt. Die junge Spanierin ist neu in Berlin, jobbt in einem Café und hat noch nicht so viele Freunde. Aber sie ist mutig, temperamentvoll, neugierig. Und als sie nach dem Tanzen vor der Disco Sonne, Blinker und die anderen kennenlernt, Berliner Jungs mit Jungs-Spitznamen, die im Kiosk Bier klauen, zum Trinken auf das Dach eines Plattenbaus klettern und romantischen Unsinn in die Stille pöbeln, taucht die junge Frau mit ihnen in die Nacht.

 Sonne (Frederick Lau) und Victoria (Laia Costa) in einer Szene aus "Victoria".

Sonne (Frederick Lau) und Victoria (Laia Costa) in einer Szene aus "Victoria".

Foto: dpa, kde hpl

"Victoria" ist ein Kumpelfilm plus Mädchen, ein Berlin-Film, ein Abenteuer-Film, der den Zuschauer nach mehr als zwei Stunden völlig erschöpft entlässt. Denn er wird erlebt haben, wie ein paar junge Leute Freunde werden, wahre Freunde, die auch zueinander halten, wenn es schlimm kommt. Und es wird schlimm kommen. Einen Überfall wird es geben, Blut wird fließen und Victoria wird noch einmal tanzen. Dann wird alles anders werden - und nicht schöner.

Der Zuschauer erlebt das alles in Echtzeit, ungefiltert, ungerafft und doch gibt es keine Sekunde Langeweile, sondern viel Adrenalin. Bei allen Beteiligten.

Regisseur Sebastian Schipper hat ein Experiment gewagt. Er hat einen Thriller gedreht, ohne innezuhalten, ohne Schnitt, ohne zweite Chance. Er hat Schauspieler gefunden, die wie Theaterschauspieler eine Geschichte in einem Rutsch spielen. Und einen Kameramann, der mithalten kann, den Dänen Sturla Brandth Grøvlen, der sich mit seiner Digitalkamera hinter den Darstellern durch das Geschehen hetzen lässt. Atemberaubend ist das alles. Drei Versuche hatte Schipper, der dritte Durchgang saß.

Getrieben hat den Regisseur die Sehnsucht nach mehr Wirklichkeit und danach, mal wieder etwas zu wagen im deutschen Film. Das ist Schipper gelungen.

(RP)
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