Möbelverkäufer entführt Ikea-Chef

"Kill Billy" ist eine schräge und herzliche Komödie aus Schweden.

Seit mehr als 40 Jahren leitet Harold Lunde gemeinsam mit seiner Frau Marny das Möbelgeschäft "Lunde Furniture" und versorgt den kleinen norwegischen Ort mit Möbeln. Doch durch die Fenster des alteingesessenen Hauses leuchtet nun das Ikea-Logo, und bald gehen bei dem alteingesessenen Geschäft die Lichter aus.

Die Folge: Harolds Auto wird gepfändet, ebenso die handgefertigten Stühle mit Stoffen aus Italien. Nur äußerlich gefasst bringt er seine demente Frau Marny, um die er sich bislang gekümmert hat, in ein Heim und fackelt den Laden ab. Nach einem alkoholisierten Zwischenstopp bei seinem arbeitslosen Sohn, der komplett in Ikea eingerichtet ist, entschließt sich Harold, Ingvar Kamprad, den Chef von Ikea, zu entführen. Eine 16-jährige Tramperin macht begeistert mit, und trotz aller Amateurhaftigkeit des Unterfangens gelingt der nicht vorhandene Plan. Allerdings erweist sich Ingvar Kamprad als sehr eigenwillige und schwierige Geisel.

Harold, der mit Pistole ausgerüstet schon mal als Bodyguard durchgeht, lacht so gut wie nie. Er hat ja auch nichts zu lachen - so bankrott, frisch verwitwet und ohne Lebenssinn. "Lebst du noch oder war's das schon?" steht denn auch in treffender Verhunzung der Ikea-Werbung auf dem Plakat der Verfilmung von Frode Gryttens absurdem Roman "Saganatt/Ein ehrliches Angebot". Doch die wirklich traurige Gestalt dieses keine Sekunde lang weinerlichen und letztendlich fröhlichen Films ist Ingvar Kamprad. Nur auf Medienpräsenz versessen, hat er längst alles Gute aus seinem Leben verbannt.

Klasse Humor, zwischendurch menschelt es herzergreifend, tolle Bilder, ein ganz starker Soundtrack und super Schauspieler - und das alles in nur 88 Minuten Film. Irgendwie ähnelt dies norwegisch-schwedische Filmpaket an einem Ikea-Angebot, das man nicht ignorieren kann.

Berührend, wie er mit viel Herz Menschen zeigt, über sie lächeln lässt und ihre Gefühle ernst nimmt.

Kill Billy, Norwegen, Schweden 2014 - Regie: Gunnar Vikene, mit Bjørn Sundquist, Björn Granath, Fanny Ketter, 88 Min.

(RP)
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