Komödie "Mein ziemlich kleiner Freund" Traumprinz im Miniaturformat

Düsseldorf · In der Komödie "Mein ziemlich kleiner Freund" ist Jean Dujardin der nahezu perfekte Mann. Er hat nur eine Unzulänglichkeit.

 Jean Dujardin als Alexandre und Virginie Efira als Diane spielen die Hauptrollen.

Jean Dujardin als Alexandre und Virginie Efira als Diane spielen die Hauptrollen.

Foto: dpa, skm

Man kommt sich sehr nahe am Telefon. Diane hat in einem Café ihr Handy liegengelassen, ein Unbekannter namens Alexandre hat sie beobachtet und es aufgehoben. Nun ruft er sie zu Hause an, um ein wenig zu flirten und einen Übergabetermin auszumachen, der eigentlich ein Date werden soll. Diane vergisst ihren Scheidungsstress, die Welt, die Zeit, im Badezimmer läuft die Wanne über. Natürlich lässt sie sich überreden. Woran sie ihn denn erkennen könne, fragt sie noch. "Sie werden sehen", sagt Alexandre launig. "Ich bin nicht zu verfehlen."

Als Diane am nächsten Tag am Restauranttisch sitzt, den Kopf nach rechts dreht und den lächelnden Alexandre vor sich stehen sieht, gehört das zu den besten und schlimmsten Momenten des Films. Dianes Augen wandern abwärts, ihre Züge entgleisen, sie fängt sie eben noch auf. Aber man sieht, dass sie aufstehen und wegrennen will auf ihren High Heels. Ein bisschen kann man sie verstehen. Der Mann ist gerade mal 1,36 Meter groß.

Aber andererseits auch perfekt, für Diane. Aus der Tragikomik dieser Situation kreiert "Mein ziemlich kleiner Freund" eine absehbare, poppig seichte Screwball-Romanze, aber eine mit Charme. Alexandre ist alles, was Frauen wollen: aufmerksam, witzig, erfolgreich, extrem attraktiv. Aber was hilft das Diane, wenn ihr Ex-Mann sie von nun an höhnisch Schneewittchen nennt? Sie den Pullover, den sie Alexandre schenken will, in der Kinderabteilung aussuchen muss? Auf der Tanzfläche einer Party seine Nase unweigerlich in ihrem Bauchnabel landet?

Trotz einer Reihe herziger Einfälle zum täglichen Spießrutenlauf eines Kleinwüchsigen wäre "Mein ziemlich kleiner Freund" wohl nur eine flockige Sommerkomödie unter vielen, hätte der französische Regisseur Laurent Tirard nicht so ein Auge für die richtige Besetzung. Das beginnt bei Virginie Efira als Diane. Welches Feingefühl die Belgierin im Umgang mit speziellen Typen auf die Leinwand bringt, hat man schon in "Birnenkuchen mit Lavendel" gesehen, wo sie sich, wunderbar still und zurückhaltend, in einen Mann mit Asperger-Syndrom verliebte.

Auch bei Diane wird jeder Zweifel höflich unterdrückt, alle Scham dezent weggelächelt, bis es eines Tages nicht mehr geht und sie vor einer Kollegin herausplatzt: "Ich hab nun mal wie alle Mädchen vom großen, starken Prinzen geträumt, der mich auf seinen Armen in sein Schloss trägt!"

Schon daher ist es Tirards ganz großer Coup, ausgerechnet Jean Dujardin als Alexandre zu besetzen. Den Unwiderstehlichen, den George Clooney des französischen Kinos, dem die Frauenträume weltweit nur so entgegenflattern, spätestens seit dem Oscar für "The Artist". Einer mit so einem Image darf sich schon mal auf den Arm nehmen. Und Dujardin hat sichtlich Spaß daran, sich klein zu machen.

Zusätzlich zu diversen technischen Tricks musste er buchstäblich den halben Dreh auf Knien verbringen, um das optische Gefälle zu Efira herzustellen. Im Ergebnis stimmt das Verhältnis nicht immer, mal reicht er ihr bis zu den Schultern, mal bis zur Hüfte. Dem Film geht es ohnehin eher um die große Frage, die hinter dem kleinen Unterschied steht. Mit leichter Hand und meist ohne seinen Helden zu erniedrigen, erzählt "Mein ziemlich kleiner Freund" vor allem von Denkschubladen, den festgefahrenen Bildern, die wir so in unseren Köpfen herumtragen. Von falschen Erwartungen, die schon mal die richtige Entscheidung behindern.

Diane, die schöne blonde Anwältin, als Objekt männlicher Begierden selbst nahezu perfekt, droht nicht an Alexandre zu scheitern - der seinen Kleinwuchs durchaus akzeptiert -, sondern an sich selbst. Für sie stimmt letztlich die Rollenverteilung nicht, und welche Frau wünscht sich den Mann ihrer Träume schon drei Köpfe kleiner? Fast jede Einstellung dreht sich um Dianes Liebe im Kampf mit ihrem Unbehagen, ein wenig verliert der Film sich auf Dauer darin.

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Szenen wie die, in der der Zuschauer mit dem Türsteher eines Nachtclubs durch den Sehschlitz nur Diane sieht, bis Alexandre sich von unten ins Bild hievt, sind witzig und fein beobachtet. Andere wie der Running Gag, in dem Alexandre vom Riesenhund seines Sohnes über den Haufen gerannt wird, sind bloßer Slapstick. Zu harmlos für die Fragen nach Toleranz und Anderssein, die der Film zwar anschneidet, aber nicht wirklich beantwortet.

Am Ende bleibt die nette Chemie zwischen zwei Stars im Gedächtnis, die auf Augenhöhe miteinander spielen. Verrenkter Nacken und krummer Rücken hin oder her.

"Mein ziemlich kleiner Freund", Frankreich 2016, Regie: Laurent Tirard, mit Jean Dujardin, Virginie Efira,. 99 Min.

Die Filme kommen 2017 ins Kino.

(RP)
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