"Love & Mercy" Von der Last, ein Beach Boy zu sein

Düsseldorf · Sie sind die Jungs mit dem Surfbrett, die Boys aus Kalifornien, die die Welt mit Musik beliefern, die nach Sonne klingt, nach Strandflirt und der Leichtigkeit des Seins. Während die Beatles in Europa Pop-Musik von klassischem Rang und Format schufen, waren die Beach Boys auf glatte Gute-Laune-Sounds abonniert. Und kaum einer nahm wahr, wie komplex die Arrangements für die drei Wilson-Brüder und ihre Band gebaut sind - wie schwer es ist, Leichtigkeit zu komponieren.

Brian Wilson: "Love & Mercy" – Szenenbilder des Kinofilms
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"Love & Mercy" – Szenenbilder aus dem Brian-Wilson-Film

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Der Kopf der Band, Brian Wilson, beherrschte diese Kunst, wenn ihm die Leichtigkeit des Lebens selbst auch kaum gelingen wollte. Wilson ist ein Genie des komplexen Tonsatzes, der seine Band bald in immer gewagtere Harmonien trieb - nur weg vom ewig sonnigen Surfersound. Sehnsucht, enttäuschte Liebe, die Vergeblichkeit des Seins - auch darüber wollte Brian Wilson Songs schreiben. Genau wie die Beatles, nur besser.

Anfang der 60er waren die Beach Boys in den USA extrem erfolgreich, hatten zeitweilig fünf Alben gleichzeitig in den Charts, doch Wilson zahlte auch den Preis für den Leistungsdruck. 1964 erlitt er den ersten Nervenzusammenbruch, vom Tourleben der Band hatte er sich da schon zurückgezogen, die Angstzustände blieben. Davon erzählt Bill Pohlad in "Love & Mercy" und doch ist sein Biopic kein trauriger Film. Denn er erzählt nicht nur von einem Menschen, den Kindheitstraumata, der Druck im Musikgeschäft und Drogen in die Depression treiben, sondern von einem Künstler, den eine Liebe am Leben erhält und von dessen Musik, die nach Lebensfreude und ewiger Jugend klingt - bis heute.

Paul Dano spielt den jungen Wilson, der besessen ist von der Idee, mit "Pet Sounds" ein Konzeptalbum vorzulegen, das alles in den Schatten stellt. John Cusack verkörpert Wilson in den 90ern, ein körperliches Wrack, das von seinem Vormund ausgenutzt und unter Drogen gesetzt wird. Cusack kann das, Opfer ihres eigenen Ruhms spielen, die ihr Leben nur noch bedröhnt ertragen. Allerdings ist man doch froh, dass der Film gekonnt mit den Zeitebenen spielt und nicht im Psychodrama verharrt. "Love & Mercy" ist wie die Musik der Beach Boys, der Film kommt leicht daher und hat doch Tiefe.

(RP)
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