Konflikt zwischen Nachbarn Warum Pakistan keine indischen Bollywood-Filme mehr zeigt

Mumbai · Die politische Eiszeit zwischen Indien und Pakistan schädigt inzwischen auch Bollywood. Indien versucht, pakistanische Schauspieler auszuschließen. Pakistan reagiert nicht weniger bizarr.

 Protestanten in Neu Delhi wollen, dass der Film mit dem pakistanischen Schauspieler nicht gezeigt wird.

Protestanten in Neu Delhi wollen, dass der Film mit dem pakistanischen Schauspieler nicht gezeigt wird.

Foto: dpa, bsc

Der indische Erfolgsregisseur Karan Johar schaut ernst in die Kamera. "Es verletzt mich zutiefst, dass einige Menschen denken, ich sei antinational", sagt der 44-Jährige. "Außer meinem Land ist mir nichts wichtig." Der Hintergrund ist schwarz, seine Stimme ruhig und getragen.

Wer die Botschaft sieht, mag kaum glauben, dass ihr Anlass das bunte Bollywood-Melodram "Ae Dil Hai Mushkil" (Die Liebe ist eine schwierige Herzensangelegenheit) ist. Eigentlich sollte Johars erster Bollywood-Film nach vier Jahren die Feierlaune des Landes zum größten indischen Fest Diwali am vergangenen Wochenende weiter anheizen. Stattdessen ist er zum Kernstück einer Kontroverse rund um den Umgang mit dem Nachbarland Pakistan geworden.

Spätestens seit einem Anschlag auf eine indische Militärbasis in Kaschmir am 18. September, bei dem 19 indische Soldaten starben, befindet sich das Land auf der Mission, den Nachbarn politisch zu isolieren. Nach indischer Darstellung waren die Angreifer in Pakistan ausgebildet und ausgerüstet worden. Seit einigen Wochen ist der Konflikt auch in der Unterhaltungswelt der beiden Länder angekommen.

"Natürlich werde ich in Zukunft nicht mehr mit Talenten aus dem Nachbarland zusammenarbeiten", sagt Johar in seinem Video. Er nennt nicht ein einziges Mal den Namen Pakistans. Jeder indische Zuschauer dürfte ohnehin wissen, worüber der Regisseur spricht. In seinem Film hat auch Fawad Khan eine kleine Rolle - ein pakistanischer Schauspieler und der Grund dafür, dass "Ae Dil Hai Mushkil" in vielen Teilen Indiens fast nicht ins Kino gekommen wäre.

Größter Gegner des Films ist die hinduistisch-extremistische Partei MNS, die besonders in der Bollywood-Hauptstadt Mumbai (früher Bombay) sehr mächtig ist. Obwohl Khan nur wenige Minuten im Film zu sehen sein soll, hatten ihre Anhänger gedroht, Kinos anzugreifen, in denen der Film gezeigt wird. Schließlich schaltete sich sogar der Ministerpräsident des Bundesstaats Maharashtra ein, dessen Hauptstadt Mumbai ist, um eine Einigung zu erzielen. Das Versprechen des Regisseurs, künftig auf pakistanische Schauspieler zu verzichten, ist eine der zwischen ihm und MNS ausgehandelten Bedingungen.

In Bollywood trifft der Streit größtenteils auf Unverständnis. Viele Kritiker riefen in den Tagen vor seiner Veröffentlichung dazu auf, gerade wegen der Kontroverse den Film anzuschauen. "Zum ersten Mal ist es ein Akt des Widerstands, einen Film von Karan Johar zu sehen", schrieb die Kritikerin Dhrubo Jyoti in der Zeitung "Hindustan Times".

"Um einen Anstieg von giftigem Nationalismus zu stoppen und Menschen zu zeigen, dass sie auch bei den fundamentalen Fragen unserer Demokratie eine andere Meinung haben können, ohne gejagt zu werden." zahlreiche Schauspieler kritisierten, Bollywood werde aus politischen Gründen vorgeschoben.

Auch von pakistanischer Seite wird die Unterhaltungsindustrie nicht minder politisiert. Vor noch nicht einmal zwei Wochen ordnete die pakistanische Medienbehörde PEMRA an, dass kein Radio- oder TV-Sender im Land mehr indisches Material übertragen dürfe. "Wir werden die Lizenzen der Sender widerrufen, sollte das Verbot missachtet werden", sagte PEMRA-Sprecher Mohamed Tahir.

Das Verbot umfasst auch Bollywood-Filme. Sie dürfen nicht mehr in pakistanischen Kinos gezeigt werden, obwohl sie dort regelmäßig millionenfach Zuschauer anziehen und Superstars wie Shah Rukh Khan enorm populär sind. Laut PEMRA ist das Verbot eine direkte Antwort auf die Entscheidung von indischen Produzenten, nicht mehr mit pakistanischen Schauspielern zusammenzuarbeiten.

Trotz des Verbots sind die CDs und DVDs mit indischen Filmen und Fernsehserien immer noch allgegenwärtig auf den pakistanischen Märkten. Für teilweise weniger als einen Euro gibt es die oft raubkopierten Inhalte zu kaufen. Auch auf Plattformen wie Youtube sind die indischen Filme noch ohne Sperre zu sehen.

Auf indischer Seite schaffte "Ae Dil Hai Mushkil" es am vergangenen Wochenende nun doch noch in die Kinos. Am ersten Wochenende machte er im Land einen Umsatz von mehr als 3,5 Millionen Euro - selbst für einen teuren Bollywood-Film ein solides Ergebnis. Größere Zwischenfälle bei den Vorstellungen gab es keine. Gleichzeitig gingen an der indisch-pakistanischen Grenze die Scharmützel weiter - Nährboden für die nächste Runde im Kampf um die Kulturhoheit.

(mre/dpa)
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