Die erste Film-Kritik ist da Star Trek Beyond bringt Enterprise-Feeling zurück

Düsseldorf · Der dritte Film des Star-Trek-Reboots besinnt sich auf die Wurzeln der Reihe, die am 8. September 50 Jahre alt wird. "Beyond" wirkt wie eine klassische Star-Trek-Episode. Das ist leider auch die große Schwäche des Films.

Captain James Tiberius Kirk (Chris Pine) und Commander Spock (Zachary Quinto) stecken in der Krise. Und es hat nichts mit größenwahnsinnigen Übergegnern oder einer Gefahr zu tun, die ganze Planeten auslöschen kann. Es ist existenzieller. Beide glauben in "Beyond" nicht mehr daran, dass ihre Zukunft an Bord des Raumschiffs Enterprise liegt. Auf ihre eigene Weise zweifeln sie an ihren jetzigen Leben und ihren bisherigen Entscheidungen. Jeder für sich kommt zum Schluss, dass es so nicht weitergeht.

Star Trek Beyond bringt das Enterprise-Feeling ins Kino zurück
Foto: RPD_RP-Online

Der neue Star-Trek-Film "Beyond" stellt so von Anfang an klar, dass man einen anderen Weg einschlagen will als bisher. Der Beginn ist gesetzter als in den beiden Filmen des Reboots zuvor und ist stärker auf die Charaktere fokussiert. Zwar spart man nicht mit dem einen oder anderen ironischen Seitenhieb, aber es gibt keine Materialschlachten oder Action-Orgien. Dafür schwelgt der neue Fast-and-Furious-Regisseur Justin Lin, der das Zepter von J. J. Abrams übernommen hat, in epischen Bildern: Wenn die Enterprise auf der Sternenbasis Yorktown ankommt, wird das nicht nur gezeigt, sondern zelebriert. Und es verfehlt seine Gänsehaut-Wirkung nicht.

Statt um Phaserkanonen im Dauerfeuer und um gewaltige Explosionen geht es in "Beyond" zunächst um den "Sense of Wonder", um die Faszination von dem Fantastischen. Lin gelingt es ziemlich gut, diesen Funken überspringen zu lassen und die Charaktere dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Dezent und überaus selbstverständlich zeigt der Regisseur unter anderem, dass Hikaru Sulu homosexuell ist. Etwas, womit vermutlich kaum ein Fan ein Problem hat — bis auf den ursprünglichen Sulu-Darsteller George Takei, der selbst homosexuell ist und dennoch diese Entwicklung im Film kritisiert hatte. Es würde der Intention des Star-Trek-Schöpfers Gene Rodenberry widersprechen. Ob das der Grund ist oder eher verletzte Eitelkeit sei dahingestellt.

Zu Beginn hat Justin Lin in "Beyond" die Zügel ganz gut in der Hand. Er findet die richtige Balance zwischen großen Bildern und den Figuren und schafft es gleichzeitig, die Story voranzutreiben: Eine Bitte um Hilfe bringt die Enterprise und ihre Crew dazu, sich erneut ins Unbekannte zu wagen. Und dabei stoßen sie dann auf Krall (Idris Elba aus Luther), der eine enorme Leinwandpräsenz hat und sich schon jetzt einen Platz in der Reihe der eindrucksvollsten Bösewichte gesichert hat. Mit ihm kommt dann auch in einer grandiosen, überragend inszenierten Weltraumschlacht die Action ins Spiel — die aber wieder das Gleichgewicht hält zwischen Effekten und Charakteren.

Und auf die konzentriert sich dann der Film: Weil die Crew Hals über Kopf die zerstörte Enterprise verlassen muss und über einen Planeten verstreut wird, bilden sich Grüppchen. Insbesondere Spock und Dr. McCoy (Karl Urban) als Team sind dermaßen brillant in Szene gesetzt mit ihren Streitgesprächen und Dialogen, dass es an die besten Momente der Original-Serie aus den 1960ern heranreicht — und sie fast noch übertrifft. Kirk und Chekov (der in diesem Jahr verstorbene Anton Yelchin) funktionieren ebenfalls gut, auch wenn Chekov eher ein Stichwortgeber ist. Montgomery "Scotty" Scott (Simon Pegg) trifft allerdings nur auf die Überlebende Jaylah (Sofia Boutella aus Kingsman), damit auch der Chefingenieur jemanden hat, mit dem er reden kann. Ansonsten aber bleibt diese neue Figur etwas blass.

Da wird eine Chance vergeben. Erst recht bei Krall: So beeindruckend sein Auftreten auch ist, am Ende ist er nur da, weil der Film eben einen Bösen braucht. Seine Motivation und sein Hass auf die Föderation, die für ihn gleichbedeutend ist mit Stillstand und Dekadenz, bleiben trotz einer überraschenden Wendung recht nebulös. Ebenso wie sein Plan, der auf vielen Zufälligkeiten beruht und darum wenig durchdacht scheint.

Es kommt in "Beyond" dann doch nicht auf die neuen Figuren an, sondern auf die bekannten Haupt-Charaktere. Damit erinnert der Film an "Star Trek"-Episoden der Vergangenheit. Und das ist leider auch die Schwäche des Films, der sich darin verliert und aus dem Gleichgewicht gerät. So unterhaltsam das alles ist, ab einen gewissen Punkt wirkt es wie eine langgezogene TV-Episode.

Der Film wirkt im Mittelteil wie eine langgezogen TV-Episode

"Beyond" ist nicht langweilig, oft sogar witzig und selbstironisch. Aber der Film tritt nach dem grandiosen ersten Drittel auf der Stelle. Und auch die überraschend uninspiriert und hektisch wirkenden Actionszenen auf dem Planeten treiben die Handlung nicht wirklich voran. Erst als die Crew in dem altersschwachen Schiff "Franklin" wieder zu den Sternen aufbricht, nimmt der Film wieder Fahrt auf, geht es routiniert vorwärts und gibt es sogar eine unkonventionelle, verrückte Lösung für eine Weltraumschlacht. Natürlich finden dann auch Kirk und Spock wieder zu sich selbst und erkennen ihre wahre Bestimmung — an Bord der neuen Enterprise.

Der Film geht sehr feinfühlig mit den beiden Figuren und McCoy um. Und er lässt zumindest auch Scotty und Sulu die Möglichkeit, auf der Leinwand zu brillieren. Das sieht man auch den Darstellern an, die ihre Rollen mit sichtbarer Begeisterung spielen — nachdem Karl Urban und Zachary Quinto in der Vergangenheit bereits mit ihren Figuren haderten. Chris Pine schafft es zudem überzeugend, einen gereifteren, erwachseneren Kirk darzustellen, der immer weniger von dem ungestümen Draufgänger aus dem ersten Film des Reboots hat.

Zu sehr bemüht, alles richtig zu machen

Überaus würdevoll hat man auch den Tod von Leonard Nimoy eingearbeitet, der über Jahrzehnte Spock im Star-Trek-Universum verkörpert hatte. Schlussendlich wird daraus eine Hommage an die gesamte ursprüngliche Enterprise-Crew. Es ist nur ein kurzer Moment, der aber einen Schauer über den Rücken jagt.

Justin Lin und die Drehbuchautoren Doug Jung und Simon Pegg waren sehr darum bemüht, sich im Jubiläumsjahr vor der Star-Trek-Tradition zu verbeugen. Nur manchmal waren sie eben zu sehr bemüht. Dabei blieb der große Storybogen vor allem im Mittelteil auf der Strecke. "Beyond" wird vielleicht die Hardcore-Fans der Originalserie mit dem Reboot versöhnen. Alle anderen werden den Film vermutlich noch "ganz gut" finden, aber er hinterlässt keinen bleibenden Eindruck. Es hallt außer "Sabotage" von den "Beastie Boys", das erneut sehr prominent eingesetzt wird, nichts nach. Dem Film fehlt der Mut, dem Titel "Beyond" gerecht zu werden und über die Grenzen hinaus zu gehen. Das aber macht ihn zum schwächsten der Reihe seit dem Kino-Neustart 2009.

(jov)
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