Monsieur Chocolat Omar Sy spielt das Schreckgespenst in der Manege

Wenn Katanga die Manege betritt, geht ein Raunen durch das Zirkuszelt. Im Lendenschurz schreitet er umher, rollt bedrohlich die Augen und springt plötzlich auf das Publikum zu, das aus Angst vor dem Wilden erstarrt.

 "Ziemlich beste Freunde"-Star Omar Sy tritt diesmal im Zirkus auf.

"Ziemlich beste Freunde"-Star Omar Sy tritt diesmal im Zirkus auf.

Foto: dpa, wok

Die Zuschauer in der französischen Provinz des Jahres 1897 haben so einen Menschen mit schwarzer Hautfarbe noch nie gesehen und in ihren Gesichtern erkennt man den Zweifel, ob es sich bei dem Geschöpf wirklich um einen Artgenossen handelt. Katanga heißt eigentlich Raphaël Padilla (Omar Sy) und nimmt es gelassen, dass er in dem kleinen Wanderzirkus das Schreckgespenst spielen muss.

Er ist aus der Sklaverei nach Frankreich geflüchtet - dagegen ist das karge Zirkusleben das reinste Paradies. Aber als der Clown George Footit (James Thiérrée), dessen Karriere ins Stocken geraten ist, dem großen, schwarzen Mann in der Manege zuschaut, erkennt er in ihm ein weitaus größeres Potenzial: Er macht Raphaël unter dem Künstlernamen Chocolat zu seinem Co-Star und entwickelt Clown-Nummern, in denen die beiden unterschiedlichen Physiognomien zum entscheidenden Humorinstrument werden.

Das ungleiche Paar wird zum Erfolg und schon bald vom wichtigsten Pariser Zirkushaus unter Vertrag genommen. Chocolat genießt das Leben als Manegen-Promi und gibt den Verdienst mit vollen Händen aus. Dass sein Partner doppelt so viel Gage kriegt, weiß er nicht und dass er immer derjenige ist, der vor dem johlenden Publikum in den Hintern getreten bekommt, scheint ihn nicht zu stören.

Aber auch die Behörden werden auf den ersten, schwarzen Bühnenstar Frankreichs aufmerksam. Im Gefängnis bekommt Raphaël den Rassismus mit ganzer Gewalt zu spüren und will sich nun nicht mehr länger in der Manege treten lassen, sondern am Theater als erster schwarzer Othello auftreten. Roschdy Zems "Monsieur Chocolat" beruht auf realen Ereignissen. Das schwarz-weiße Clownsduo sorgte im Paris der Belle Époque tatsächlich für Furore und sogar die Gebrüder Lumiere haben einen ihrer Auftritte auf Film gebannt.

Zem geht anhand der Biografie des ersten schwarzen Bühnenstars der rassistischen Historie Frankreichs nach, wo die gute Gesellschaft im Paris Ende des 19. Jahrhunderts sich über den dummen August aus dem fernen Afrika bestens amüsierte. Wie dicht hier Faszination und Rassismus beim Publikum nebeneinander lagen, zeigt der Film genauso, wie das erwachende Bewusstsein Raphaëls, der es zwar vom Sklaven zum Zirkus-Promi geschafft hat, aber nur geduldet wird, solange er die rassistischen Klischees bedient.

Omar Sy spielt diese dramatische Rolle mit großer körperlicher Präsenz, überzeugt als vergnügter Lebemann, aber auch als tragische Figur. Mit dem Chaplin-Enkel James Thiérrée bildet er nicht nur in Manege ein optimales Leinwand-Gespann. Allerdings leidet der Film unter seiner allzu konventionellen Form.

Eine widerspruchsreiche Geschichte wird hier wieder einmal im gefälligen, historischen Biopic-Format und mit klischeehaften Nebenfiguren erzählt, was dem interessanten Sujet die notwendige Schärfe und Komplexität nimmt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort