"Das Glück an meiner Seite" im Kino Ziemlich beste Freundinnen

Düsseldorf · Die grandiose Hilary Swank spielt in "Das Glück an meiner Seite" eine an der Nervenkrankheit ALS erkrankte Pianistin, die durch ihre Krankheit einen neuen Blick auf das Leben gewinnt.

Hilary Swank in "Das Glück an meiner Seite": Ziemlich beste Freundinnen
Foto: dpa, mbk

Filme über todkranke Menschen laufen mit wenigen Ausnahmen - wie etwa unlängst "Die Entdeckung der Unendlichkeit" - auf ein absehbares Ende zu, den Tod. Entscheidend für die Qualität ist, wie sich das Drama diesem unvermeidlichen Ausgang nähert, wer die Hauptfiguren begleitet, welche Entwicklungen sie durchlaufen - und wer sie wie einfühlsam verkörpert.

In "Das Glück an meiner Seite" spielt die zweifache Oscar-Preisträgerin Hilary Swank diese tragische Figur in all ihren Facetten. Emmy Rossum als ihre unerfahrene, chaotische Pflegerin Bec ist ihr ebenbürtiger Gegenpart - oder besser gesagt "Das Glück an ihrer Seite".

Kate (Hilary Swank) lebt in einer Hochglanzwelt: Sie war einst erfolgreiche Pianistin, ihr Mann Evan (Josh Duhamel) ist ein angesehener Anwalt. Hinzu kommen ein mondänes Haus und überall schöne Menschen in schönen Kleidern, die freundlich, respekt- und liebevoll miteinander umgehen. Da scheint alles perfekt, die Menschen, das Essen, die Beziehungen; Geld spielt sowieso keine Rolle. Doch bei einem dieser stylischen Pärchenabende, es ist Kates 35. Geburtstag, bekommt diese heile Welt einen Riss: Die bis dahin unbeschwerte Frau stellt fest, dass sie ihre Finger nicht mehr normal bewegen kann.

Eineinhalb Jahre später steht fest: Kate ist an der Nervenkrankheit ALS erkrankt, für alle Zukunft auf fremde Hilfe angewiesen. Die leistet zunächst ihr Ehemann Evan - aufopferungsvoll und so gut es geht. Er hilft ihr beim Anziehen, auf der Toilette. Er zieht ihr die Lippen nach und legt ihr den Schmuck an. Das tut er alles im gestärkten weißen Hemd und Designeranzug, kurz bevor er in seine erfolgreiche Kanzlei geht. Bald wird klar: Fremde Hilfe muss her. Und da kommt Bec ins Spiel, die erfolglose Musikerin und Studentin, gerade nach einer durchzechten Nacht mit One-Night-Stand im klapprigen Pick-up, leicht verspätet und mit Zigarette im Mund.

Die Unterschiede könnten auf den ersten Blick nicht größer sein zwischen diesen beiden Frauen. Doch Kate entscheidet sich unter allen Bewerberinnen für diese junge außergewöhnliche Frau ohne jegliche Pflege-Erfahrung. Sie hatte die Vorgängerin gefeuert, weil diese sie "wie eine Patientin behandelte". Bec dagegen ist unkonventionell, derb und lacht auch schon mal über und mit Kate, wenn diese von der Toilette rutscht und plötzlich mit der Hand in der Kloschüssel landet.

Wie zu erwarten freunden sich die beiden Frauen an - und man fühlt sich unweigerlich an die Erfolgskomödie "Ziemlich beste Freunde" erinnert. Nur wurde diese Story eben in Hollywood und nicht in Frankreich erdacht und produziert. Bec gibt Kate Lebensfreude zurück, so weit das geht, behandelt sie trotz des körperlichen Verfalls wie einen normalen Menschen. Und animiert sie, ihr Leben und ihre Freundschaften überdenken. "Warum wollen wir immer die Menschen, die uns gar nicht sehen", sagt Kate einmal und spielt auch auf ihre Ehe an, die sie immer mehr selbst als Hochglanzabziehbild entlarvt.

Hilary Swank spielt diese von der Krankheit mehr und mehr gezeichnete Frau großartig. Zunehmend fallen ihr Bewegungen, das Sprechen schwer. Ihr Körper versagt, sie verliert den Lebensmut. Der einzige Mensch an ihrer Seite ist Bec. Ihr überforderter Mann Evan sucht sich ein Ventil und stürzt sich in eine Affäre. Wie sollte es anders sein?

Das ist leider alles so klischeehaft wie die Geschichte absehbar. Noch dazu nutzen Regisseur George C. Wolfe und Drehbuchautorin Shana Feste die Romanvorlage "You're not you" von Michelle Wildgen lediglich, um Lebensweisheiten zu platzieren und Stereotype zu bedienen. Das ist schade und manchmal ärgerlich. Da ist es einzig dem grandiosen Spiel von Hilary Swank zu verdanken, dass "Das Glück an meiner Seite" ein beeindruckendes Filmerlebnis ist.

(RP)
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