Neuer Kinofilm "Silent Heart" Familiendrama um Freitod: Esther will sterben

Hamburg · Ausnahmezustand in der Kleinfamilie: Bille August lässt in seinem Familiendrama "Silent Heart - Mein Leben gehört mir" die Verwandten zusammenkommen. ein letztes Mal - bevor sich die an ALS-erkrankte Mutter das Leben nehmen will.

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Foto: HO

Die Kulisse könnte idyllischer nicht sein: ein altes, alleinstehendes Haus in der dänischen Einsamkeit unweit der Ostsee. Darin feinster skandinavischer Landhausstil, gepaart mit einigen Antiquitäten. Der Duft des morgendlichen Kaffees und der Hyazinthen auf dem Fensterbrett durchströmt es. Voller Vertrautheit, Respekt und stiller Übereinkunft füreinander ist auch das alte Ehepaar Esther (Ghita Nørby) und Poul (Morten Grunwald). Doch natürlich brodelt es bei so viel Schönheit und Harmonie.

Denn Esther will sterben. Sie leidet an der Nervenkrankheit ALS und hat daher ihre beiden erwachsenen Töchter Heidi (Paprika Steen) und Sanne (Danica Curcic) samt Anhang sowie ihre Kindheitsfreundin Lisbeth zu ihrem letzten gemeinsamen Wochenende eingeladen. Die resolute, kontrollfreudige Heidi hält die ganze Familie an, die letzten Stunden doch zu genießen, etwas ganz Besonderes zu machen. Sie glaubt, die Entscheidung der Mutter akzeptiert zu haben. Sanne, sensibel und einen Selbstmordversuch hinter sich, zweifelt schon bei der Fahrt aufs Land, will plötzlich nicht mehr, dass die Mutter trotz des Leidens stirbt.

Es brechen alte Wunden auf, wird in Erinnerungen am Kamin oder beim Strandspaziergang geschwelgt. Es ist vor allem der Konflikt der beiden Schwestern, der Bille Augusts Familiendrama "Silent Heart - Mein Leben gehört mir" bestimmt. Die starke Heidi, die der labilen Sanne vorwirft, immer nur an sich zu denken. "Hokuspokus-Senne ist im Fokus" schreit sie in einem Streit.

August, der unter anderem "Nachtzug nach Lissabon", "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" und "Pelle, der Eroberer" drehte, erzählt diese Euthanasie-Geschichte arg konventionell, fast oberflächlich, ohne wirkliche Überraschungen. Einzig der verantwortungslose Dennis scheint Esthers Entscheidung tatsächlich zu respektieren und sorgt damit, ebenso wie mit der von ihm initiierten nächtlichen Haschrunde, für Unverständnis und dabei doch für die durchaus angebrachte melancholische Leichtigkeit.

Auch Jonathan, Heidis jugendlicher Sohn, sagt gleich zu Beginn, als er einmal von seinem Tablet hochschaut: "Ich kann Oma verstehen". Er ist es auch, der seinen Opa fragt, ob es überhaupt erlaubt ist, so viele Tabletten zu schlucken. Alle wissen davon. Der Opa verneint. Er solle wie ein Selbstmord aussehen.

Natürlich darf man sich nicht anmaßen zu urteilen, wie man als Kind, als Ehemann, als Enkel mit einer solchen Entscheidung umgehen würde. Doch diese Frage stellt August gar nicht, ebenso wenig wie diese, ob man als Todkranker den nahestehenden Menschen die Bürde auferlegen darf, diese Entscheidung mitzutragen, sie gar zu fällen. Christian Torpes Drehbuch gibt vor allem den beiden Schwestern viel Raum, den Charakteren aber nur wenig Tiefe, auch sie bleiben wie die anderen Figuren eindimensional.

Kameramann Dirk Bruel fängt diese Ausnahmesituation in schönen, manchmal schmerzlichen Bildern ein. Und auch wenn die Geschichte zum Schluss noch eine ungewöhnliche, fast absurde Schleife dreht, ist diese derart pathetisch und bedeutungsbeladen, dass sie den Zuschauer auch beim unausweichlichen Ende nicht wirklich ergreift.

(dpa)
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