James-Bond-Film "Spectre" 007 mit der Lizenz zum Forschen

Düsseldorf · Viele der technischen Spielereien aus dem Kino sind später Wirklichkeit geworden. Und manche Ingenieure haben ihre Erfindungen den Bond-Produzenten sogar aufgedrängt. Ein Streifzug durch die Film- und Wissenschaftsgeschichte.

Während der Verfolgungsjagd in Rom zündet James Bond den Flammenwerfer im Heck seines Autos. Auch im neuen 007-Abenteuer "Spectre" besitzt der Geheimagent die perfekte Technik, die ihm im entscheidenden Moment das Leben rettet. Das zeichnet Bond aus. Mal flüchtet er in einem Auto - das sich in ein U-Boot verwandelt - oder rast in einem Mini-Jet davon. Seine Armbanduhren spüren Radioaktivität auf. Sie speien Laserstrahlen oder verstecken eine Seilwinde samt Enterhaken.

Viele der technischen Spielereien aus dem Kino sind mittlerweile Wirklichkeit. Denn das fiktive Entwicklungslabor des MI6 und sein Chef "Q" bedienen sich gern in der realen Welt. "Häufig stellen die 007-Filme eine neue Erfindung einem breiten Publikum vor", sagt Metin Tolan. Der Professor an der Technischen Universität in Dortmund untersucht seit Jahren die Physik bei James Bond.

Das beste Beispiel für die Nähe zur modernen Technik stammt aus "Goldfinger". Schon 1964 attackiert der Bösewicht James Bond mit einem Laserstrahl. 007-Darsteller Sean Connery liegt dabei gefesselt auf einer Goldplatte. "In der Buchvorlage von Ian Flemming bewegt sich noch eine Kreissäge auf Bond zu", erzählt Metin Tolan. Für den Film tauschten die Autoren Säge gegen Laserstrahl. Eine weitsichtige Entscheidung: Denn der Laser war erst vier Jahre vorher entwickelt worden. Sein Erfolg war damals nicht abzusehen.

So gesehen ist Bond ein Trendsetter - nicht Science Fiction, eher Science Fact. "Die hochmoderne Quarzuhr mit farbiger Flüssigkristall-Anzeige, deren eingebaute Kamera 1983 in "Octopussy" noch als technische Meisterleistung gepriesen wird, würde heute auf jedem Schulhof in Deutschland unbeachtet bleiben", erzählt Tolan. Die Autoren der Action-Reihe besitzen ein feines Gespür für nützliche Erfindungen. Der tragbare Fotokopierer aus "Im Angesicht des Todes" (1970) kam 15 Jahre später auf den Markt. Die Messung der Radioaktivität durch ein einfaches Handy benötigte 40 Jahre bis zur Serienreife.

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Foto: dpa

Manche Ingenieure haben ihre Erfindungen den Bond-Produzenten regelrecht aufgedrängt. So soll es zumindest beim Mini-Jet aus "Octopussy" gewesen sein. Bond erhielt das 3,6 Meter lange und mehr als 300 Stundenkilometer schnelle Flugzeug als Fluchtvehikel.

Die Drehbuch-Autoren haben technische Entwicklungen gern in die Handlung aufgenommen. Als die Sowjetunion und die USA in den 1960er Jahren um die Vorherrschaft bei der Raumfahrt wetteiferten, beschäftigte sich der Geheimagent bereits mit Verbrechen im Weltall. Zwei Jahre bevor das Space Shuttle "Columbia" in der Wirklichkeit seinen Jungfernflug absolvierte, muss James Bond im Film "Moonraker" schon den Diebstahl eines der Raumgleiter aufklären. Die Moonraker-Besatzung kann durch einfache Schleusen die Raumstation betreten. Diese Bond-Fiktion wird 1986 auf der russischen Raumstation "Mir" Wirklichkeit.

Natürlich sträubt sich bei den 007-Abenteuern manchmal die Physik, hat Metin Tolan berechnet. Eine Uhr mit einer elektrischen Seilwinde müsste mindestens 12 Zentimeter Durchmesser haben und benötigt 2700 Knopfzellen zur Energieversorgung. Und der Satellit, mit dem 007-Widersacher Blofeld im "Diamantenfieber" die Erde mit Laserstrahlen attackieren will, könnte den Laser nur mit einem mittelgroßen Atomkraftwerk betreiben. Auch die Bündelung von Sonnenlicht im Weltall als Waffe ist wenig realistisch. Die riesigen Spiegel würden durch die Strahlung der Sonne stark beansprucht oder durch massenhaft umherfliegenden Weltraumschrott schnell zerstört. Wenn die gesammelte Energie aus riesigen Sonnen-Kollektoren jemals zur Gefahr für James Bond werden wird, dann auf der Erde. In Marokko werden derzeit Solar-Kraftwerke mit einer Fläche von 2100 Fußballplätzen gebaut. Dort reflektieren tausende Spiegel das Sonnenlicht auf einen Turm, der als Kraftwerk genutzt wird.

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Eine technische Entwicklung sieht der Physiker Metin Tolan als schlimme Übertreibung. Im Film "Stirb an einem anderen Tag" von 2002 wird das Bond-Auto unsichtbar. "Wenn etwas unsichtbar wird, müsste das Licht am Auto vorbeigeleitet werden. Das könnte zwar prinzipiell möglich sein, aber nicht bei einem so großen Objekt und nicht in dieser Perfektion", begründet er sein Unverständnis. Andererseits arbeiten einige Erfinder bereits an einer optischen Täuschung, die ein Auto scheinbar verschwinden lässt. Sie überziehen das Fahrzeug mit hauchdünnen, flexiblen Bildschirmen und zeigen darauf den Hintergrund, vor dem das Auto steht. Je besser sich das Bild auf dem Fahrzeug mit der Umgebung deckt, desto intensiver verschwindet das Auto aus der Wahrnehmung.

Solche Spielereien gefallen dem modernen "Q" besser als der gute alte explodierende Kugelschreiber. Mit dicker Brille und grob gestricktem Pullover verkörpert Ben Whishaw als "Q" eher den Typ Nerd und Computerspezialisten als den Waffenmeister alter Prägung. Er öffnet für 007 den Zugang zu Big Data, den großen Netzwerken der Welt, in denen alle Informationen gespeichert werden. Was davon schon Wirklichkeit ist, wissen wohl nur die Geheimdienste.

(RP)
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