"Ice Age"-Fortsetzung Das schräge Rudel ist müde

Düsseldorf · "Ice Age 5" hat nicht den Charme früherer Episoden. Die Reihe wirkt auserzählt. Große Momente hat allein "Rattenhörnchen" Scrat.

 Das "Rattenhörnchen" Scrat ist der eigentliche Star des Films.

Das "Rattenhörnchen" Scrat ist der eigentliche Star des Films.

Foto: 3517

Das Beste am neuen "Ice Age"-Film ist, dass er dem Zuschauer noch einmal in Erinnerung bringt, wie toll diese Reihe einmal war. Es ist ja nicht so leicht, Kinoerlebnisse zu schaffen, die Kinder genau so gut und lustig finden wie die Eltern.

Wie großartig die Nachwirkung solcher Nachmittage vor der Leinwand sein kann, wie verbindend, merkte man am Abend, nachdem man gemeinsam die ersten Teile von "Eis Etsch" gesehen hatte: Wenn man nämlich über das Geschaute sprach, es aufarbeitete, wenn man zusammen Pointen zitierte und die Stimme so verstellte, dass sie ein bisschen so klang wie die von Faultier Sid.

Vor 14 Jahren ist die erste Lieferung ins Kino gekommen, so lange ist das schon her, und damals war die Produktion der New Yorker Blue-Sky-Studios ein Überraschungshit. Die Firma, die später auch "Rio" und "Die Peanuts" ins Kino brachte, hatte einen neuen Ton gefunden. Sie zeigte vernunftbegabte Tiere, die als schräges Rudel zusammenlebten und Freunde waren. Sie sprachen miteinander, und wenn Menschen auftauchten, dann konnten die bloß grunzen, denn die Filme spielten in der letzten Eiszeit.

Man gewann die Hauptfiguren lieb, Mammut Manni, Säbelzahntiger Diego, später auch Wiesel Buck und vor allem Sid, der von Otto Waalkes so genial gesprochen wird, dass man die naive, schmatzende Stimme tagelang nicht aus dem Kopf bekommt. Waalkes wurde rasch zum Vorbild für die Sprecher in anderen Ländern, er coacht die meisten seiner Synchronkollegen. Er gibt vor, wie Sid weltweit zu klingen hat.

Und dann ist da Scrat. Das "Rattenhörnchen" sollte ursprünglich nur eine Nebenrolle spielen, es sollte lediglich im Trailer zu Teil eins auftauchen, aber es wurde zum Star der Reihe. Scrat ist ein animierter Sisyphos, er jagt die Eichel, aber er fängt sie nie. Scrat fährt aus der Haut und verzweifelt, aber er gibt nie auf, und Blue-Sky-Chef Chris Wedge hat dieses Wesen so lieb, dass er die Laute, die es von sich gibt, stets selbst einspricht: Das Meiste hört sich an wie ein schlecht artikuliertes und schicksalschweres "Nein!", nur viel panischer.

Teil eins spielte fast 400 Millionen Dollar ein, und auch die folgenden Lieferungen waren so erfolgreich, dass nun logischerweise Teil fünf ins Kino kommt, und obwohl es gut losgeht, muss man doch sagen, dass "Ice Age" seinen Charme verloren hat und auserzählt anmutet.

Wie das Universum entstand, fragt zu Beginn eine Stimme aus dem Off, ob das ein glorreich inszenierter Plan war oder doch etwas viel Dämlicheres. Und dann erfährt man, dass man alles Scrat zu verdanken hat, seiner Gier und seiner Schusseligkeit: Der Urknall geht auf sein Konto. Scrat marodiert also im Weltall, und immer wieder beeinflusst er die Handlung von oben, was an sich eine gute Idee ist, schon weil Scrat hier für die Höhepunkte sorgt. Allerdings gibt es gar nicht viel, das man beeinflussen könnte.

Mammut Manni hat Probleme mit seiner Tochter, die will einen doofen HipHop-Jungen heiraten und mit ihm fortziehen. Das ist die einzige Aufregung, ansonsten trinken alle Cocktails und genießen das Leben, und für ein bisschen Subversion sorgen immerhin die Opossums Crash und Eddie.

Die Dynamik und Anarchie der frühen Folgen fehlen, erst als ein Asteroidenschauer das Paradies bedroht, nimmt der Film Fahrt auf: "Kollision voraus". Die Pointen indes, sie zünden selten, und - noch schlimmer - die Herzlichkeit, die das Zusammensein dieser unterschiedlichen Tierfiguren bislang unaufdringlich grundiert hat, wirkt bemüht. Zusammenhalt ergab sich stets, indem man die Eigenheiten des anderen aufs Korn nahm. Nun bekommt die Berufung auf die Familie etwas Pathetisches.

Otto blödelt bei der "Ice Age 4 - Voll Verschoben"-Premiere
8 Bilder

Otto blödelt bei der "Ice Age 4 - Voll Verschoben"-Premiere

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So folgt man diesem Film, der die Balance zwischen schräg und albern nicht halten kann, mit wenig Belustigung und freut sich über jeden halbwegs gelungenen Einfall, wie den mit der elektrostatischen Aufladung: Da stehen den Tieren die Haare zu Berge, das sieht klasse aus, das ist umwerfend anminiert.

Mike Thurmeier führte Regie bei diesem Abenteuer, und vielleicht hätte er die Erzählmuster der Reihe aufbrechen, etwas Neues wagen sollen, andere Figuren einführen oder die Optik radikal verändern müssen. So jedenfalls wirkt "Ice Age" nurmehr als Aufguss, mehr Produkt denn Herzensangelegenheit.

Wenn es nun noch einmal weitergehen sollte, dann bitte radikal: 90 Minuten Scrat, das wäre es.

Ice Age 5: Kollision voraus, USA 2015 - Regie: Mike Thurmeier, 95 Min.

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(hols)
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