Digitale Facelifts für Filmstars Hollywood macht Johnny Depp 27 Jahre jünger

Los Angeles · In der Postproduktion für die neue Episode der "Fluch der Karibik"-Reihe wird Johnny Depp plötzlich wieder zum Jugendlichen. Ein Double ist dafür nicht mehr nötig. Doch die digitale Verjüngungstechnik der großen Hollywood-Streifen entzweit die Gemüter.

Im neuen der Teil der "Fluch der Karibik"-Reihe spielt Johnny Depp auch sein jüngeres Ich.

Im neuen der Teil der "Fluch der Karibik"-Reihe spielt Johnny Depp auch sein jüngeres Ich.

Foto: ap

Johnny Depp ist 53, sieht aber keinen Tag älter aus als 26. Zumindest für ein paar Augenblicke in seinem neuen "Pirates of the Caribbean"-Streifen. Doch weder kunstvolles Make-up noch Archivaufnahmen sorgen für die wundersame Verjüngung des Hollywood-Stars - vielmehr ist es das digitale Facelifting der US-Firma Lola Visual Effects.

Die Rückkehr zu jugendlichem Aussehen geschieht komplett nach Ende der Dreharbeiten, in der Nachproduktion. Knapp ein Jahrzehnt nachdem Brad Pitt in "Der seltsame Fall des Benjamin Button" sich vom Greis zum Baby wandelte, hat die digitale Jungkur in den großen Hollywood-Projekten Fuß gefasst.

Depp ist nur das letzte Beispiel in einer Reihe von Schauspielern, die in der Postproduktion drastisch geliftet wurden: Zu ihnen gehören Robert Downey Jr. in "The First Avenger: Civil War" und Michael Douglas in "Ant-Man", ebenso wie Kurt Russell in "Guardians of the Galaxy". Sie alle haben in den Filmen jeweils Szenen als jüngere Versionen ihrer selbst.

Früher konnte in solchen Fällen ein Double auf die Jugendrolle des Stars hoffen. Inzwischen läuft die filmische Transformation am Computer. Wie bei Depp ist das Unternehmen Lola Visual Effects bei vielen Produktionen im Boot. Lola ist eine von wenigen Firmen in diesem besonderen Schönheitsgeschäft und war auch schon in das Filmprojekt "Benjamin Button" involviert.

Bei Johnny Depp begann die Arbeit, wie in den meisten Fällen, mit einer Aufnahme des Schauspielers, die dann bearbeitet wurde. Nicht immer ist ein solcher Take nötig: Manchmal geht es ohne, manchmal springen Double für die Bewegung ein. Doch bei den "Pirates" brauchte Lola den Star selbst. "Niemand sonst kann Jack Sparrow sein", erklärt der Oscar-nominierte Künstler Gary Brozenich, der für die visuellen Effekte des Films zuständig war. Von einer rein digitalen Annäherung würden sich die Zuschauer nicht überzeugen lassen.

Brozenich und die Produzenten entschieden, Depp optisch in die Zeit seiner Fernsehserie "21 Jump Street" und seiner Komödie "Cry-Baby" von 1990 zu versetzen. Nach etwas Ausprobieren verständigten sie sich schließlich darauf, dass das perfekte Alter 26 wäre. Das mussten anschließend Depp, Disney+ und Produzent Jerry Bruckheimer gegenzeichnen.

Dass der Schauspieler schon seit dieser Zeit bekannt ist, war den Faceliftern Segen und Fluch zugleich. Einerseits konnten sie sich auf unzählige alte Vorlagen stützen und sich immer wieder das exakte Aussehen Depps in jüngeren Jahren vergegenwärtigen. Andererseits haben auch die Zuschauer die Vergleichsmöglichkeit. "Das menschliche Gesicht zu bearbeiten ist eine der schwersten Aufgaben, wenn nicht die schwerste überhaupt", sagt Lola-Experte Trent Claus. "Die Leute merken, wenn etwas nicht stimmt. Auch wenn sie nicht genau sagen können, was nicht passt, können sie sagen, dass etwas falsch ist."

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Foto: rtr, HB

Eine ganz schwierige Partie ist das Kinn: "Wenn man älter wird, kommt in der Regel eine Menge schlaffe und zusätzliche Haut unter dem Kiefer dazu", erklärt Claus. "Es geht leider nicht nur darum, die Falten zu entfernen, denn auch insgesamt reagiert die Haut nicht mehr so, wie sie es tut, wenn man jünger ist", sagt er. "Man muss nicht nur verändern, wie sie von außen aussieht, sondern auch wie sie sich bewegt und auf Bewegungen und Ausdrücke reagiert."

Hier kommen dann doch wieder jüngere Doubles in Spiel. Sie dürfen die Bewegungen nachstellen, im Film ist von ihnen aber nichts zu sehen. Die Facelift-Artisten nutzen die Aufnahmen lediglich, um zu sehen, wie genau sich die junge Haut verhält und in verschiedenen Lichtverhältnissen aussieht.

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Die Reaktionen auf die neue Filmtechnik sind durchwachsen. Kritiker wie Manohla Dargis von der "New York Times" und David Edelstein vom "New York Magazine" empfinden die digitale Verjüngung als befremdlich oder gar beunruhigend. "Pirates"-Coproduzent Espen Sandberg hingegen verteidigt den Kurs. "Für mich ist es einfach ein weiteres Erzählwerkzeug", sagt er. "Und ich finde das richtig cool."

(mro)
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