"Fado" Eifersucht ist Marterpfahl

Das Beziehungsdrama "Fado" überzeugt durch seine reife Bildgestaltung.

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Zu Beginn und am Ende von Jonas Rothlaenders "Fado" türmt sich eine gigantische Flutwelle vor dem Kinopublikum auf, die alles und jeden hinwegzureißen droht. In den knapp hundert Filmminuten dazwischen versucht der junge Mediziner Fabian (Golo Euler) ein machtvolles Gefühl unter Kontrolle zu bringen, das als quälende Nebenerscheinung der Liebe seine zerstörerische Kraft entwickelt. Die Rede ist - natürlich - von der Eifersucht.

Als Fabian in der Notaufnahme eine Frau unter den Händen wegstirbt, die seiner ehemaligen Geliebten zum Verwechseln ähnlich sieht, lässt er in Berlin alles stehen und liegen. Er macht sich auf nach Lissabon, wo Doro (Luise Heyer) seit einigen Monaten in einem Architekturbüro arbeitet. Die Wiedersehensfreude hält sich in Grenzen.

Die gute Zeit, die die beiden zusammen hatten, endete schmerzhaft, aber Fabian will es noch einmal versuchen und beteuert, dass er sich geändert hat. Zögernd lässt sich Doro auf einen Neuanfang ein, verliebt sich noch einmal in den Ex, der sanfter und nachdenklicher als früher zu sein scheint. Aber es dauert nicht lange, dann ist das Misstrauen wieder in seinem Kopf. Zu dem schmucken Arbeitskollegen Francisco (Albano Jeronimo) hat Doro ein lockeres, herzliches Verhältnis, das Fabians Eifersuchtsfantasien anfacht, die er schon bald nicht mehr unter Kontrolle hat.

Mit "Fado" erkundet Rothlaender das übermächtige Gefühl mit narrativer Radikalität. Die Grenzen zwischen Realität und Subjektivität verschwimmen auf der Leinwand. Ob es sich bei dem Gesehenen um tatsächliche Untreue oder um die Vision des vermeintlich Betrogenen handelt, ist auch für das Publikum schwer auszumachen.

"Eifersucht ist Kopfkino" sagt Rothlaender und er holt dieses Kopfkino in durchaus expliziten Sexszenen direkt auf die Leinwand. Dem gegenüber steht die sexuelle Realität des Paares, in der Fabian der gemeinsamen Leidenschaft mit Befremden begegnet. Er versucht seine Eifersucht mit aller Kraft zu unterdrücken, aber natürlich wird sie dadurch nur noch stärker. Die emotionale Kommunikationsunfähigkeit führt unweigerlich ins Drama und immer wieder ans Meer, von dessen atlantischen Wellen sich Fabian nur zu gern hinwegspülen ließe.

Mit einem klaren visuellen Konzept, einer ungewöhnlichen Erzählstrategie und zwei Darstellern, die ihren Figuren eine nuancierte Brüchigkeit verleihen, zeigt "Fado" die Ängste, die Macht und die Gewalt hinter der Eifersucht. Daraus ist zwar keine Tragödie im Shakespeare-Format entstanden, sondern eine Gefühlsstudie, die ihre Kraft ebenso aus der Sensibilität wie dem subtilen Analysevermögen bezieht.

Fado, Deutschland 2016 - Regie: Jonas Rothlaender, mit Golo Euler, Luise Heyer, 101 min .

(RP)
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